Reinick. Gleim. Geliert. Claudius.
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20 Doch nichts erschreckt den Mut der Ente;
Sie schwimmt beherzt in ihrem Elemente
Und fragt die Henne ganz erfreut,
Warum sie denn so ängstlich schreit.
Christian Fürchtegott Geliert.
269. Goliath und David.
1. War einst ein Riese Goliath,
Gar ein gefährlich Mann;
Er hatte Tressen auf dem Hut
Mit einem Klunker dran
Und einen Rock, in Gold gestickt,
Das andre, wie's dazu sich schickt.
2. An seinen Schnurrbart sah man
nur
Mit Schauder und mit Graus,
Und dabei sah er von Natur
Gar bös und grimmig aus.
Sein Sarras war, man glaubt es
kaum,
So groß schier als ein Weberbanm.
3. Er hatte Knochen wie ein Gaul
Und eine freche Stirn
Und ein entsetzlich großes Maul
Und nur ein kleines Hirn,
Gab jedem einen Rippenstoß
Und flunkerte und prahlte groß.
4. So kam er alle Tage her
Und sprach Israel Hohn:
„Wer ist der Mann? Wer wagt's
mit mir?
Sei's Vater oder Sohn,
Er komme her, der Lumpenhund;
Ich box' ihn nieder ans den Grund."
5. Da kam in seinem Schäferrock
Ein Jüngling, zart und fein;
Er hatte nichts als seinen Stock,
Die Schleuder und den Stein
Und sprach: „Du hast viel Stolz und
Wehr;
Ich komm' im Namen Gottes her."
6. Und damit schleudert' er auf ihn
Und traf die Stirne gar;
Da fiel der große Esel hin,
So lang und dick er war.
Und David haut' in guter Ruh'
Ihm nun den Kopf noch ab dazu.
7. Trau' nicht auf deinen Tressenhut,
Noch auf den Klunker dran!
Ein großes Maul es auch nicht
thut;
Das lern' vom langen Mann!
Und von dem kleinen lerne wohl,
Wie man mit Ehren fechten soll!
Matthias Claudius.
270. Sprüche.
1. Zu viel reden und zu viel schweigen,
Das ist allen Narren eigen.
2. Du hast zwei Ohren und einen
Mund —
Willst du's beklagen?
Gar vieles sollst du hören und
Wenig darauf sagen.
Du hast zwei Augen und einen Mund,
Mach dir's zu eigen!
Gar manches sollst du sehen und
Manches verschweigen.