Full text: Deutsches Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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ohne daß die Entzündung auf die außerhalb befindliche, schlagwetterhaltige 
Luft überspringt. Die Sicherheitslampe bietet jedoch keinen Schutz, wenn 
die Lichtflamme durch einen starken Luftzug oder durch schnelles Hin- und 
Herbewegen der Lampe gewaltsam durch das Drahtnetz geweht wird. 
Dem Bergmann, der in den schlagenden Wettern arbeiten muß, bietet die 
Sicherheitslampe zugleich einen Gradmesser für die Stärke des Gruben— 
gasgehaltes der Atmosphäre, also für die Größe der Gefahr. 
— Ein schwerer Übelstand ist auf Schlagwettergruben noch immer das 
Sprengen der Kohle und des Gesteins mit Schießpulver und Dynamit. Bei 
den Versuchen, die Sprengarbeit durch andere Methoden zu ersetzen, hat 
sich anscheinend das Losbrechen der Kohle und Gesteine durch die Ver— 
wendung von Keilen am besten bewährt, obwohl sie mit einem größeren 
Aufwand an Arbeit und Kosten verknüpft ist. Die Technik wird es lernen, 
den schlagenden Wettern immer wirksamer zu begegnen, aber anderseits 
wird man sich nicht verhehlen dürfen, daß mit dem Tieferwerden der Kohlen⸗ 
zechen auch die Gefahr wächst, die man nicht beseitigen kann, und daß kein 
technischer Fortschritt die Vorsicht und die Gewissenhaftigkeit aller Beteiligten 
überflüssig machen kann. Nach Hundhausen. 
16. Die Entwickelung der deutschen Spielwaren⸗ 
Industrie. 
Der Hauptort der thüringischen Spielwaren-Industrie ist das thürin— 
gische Städtchen Sonneberg. Dort stellte man schon im 17. Jahrhundert, 
wahrscheinlich noch früher, aus Holz geschnitzte Spielwaren, z. B. Stühlchen, 
Tischchen, Tiere, Waffen, Armbrüste, Säbel, Flinten, Musik- und Lärm— 
instrumente, Flöten, Pfeifen, Trommeln, Hörner ꝛc., her. 
Die Waren selbst begannen allmählich ansehnlicher und in ihrer Form 
gefälliger zu werden. Während sie vormals vom sogenannten „Weißmacher“ 
einfach geschnitzt wurden, fing man an, sie zu bemalen. So entstand ein beson⸗ 
deres Gewerbe, die sogenannten „Wißmutmaler“. Auf dieser Stufe blieb die 
Fabrikation wohl bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts stehen. Von da an 
schnitzte man bei den Tieren nur den Rumpf aus Holz, diejenigen Teile 
aber, welche besonders schwierig und umständlich zu schnitzen waren, formte 
man, ähnlich wie früher in Klöstern des bayrischen Hochgebirges, aus einer 
Teigmasse, bestehend aus geringwertigem Roggenmehl, dem sogenannten 
Futtermehl, in Leimwasser gerührt. Diejenigen, welche dieses Formen aus— 
übten, nannte man Bossierer, von bossieren oder bosseln; dieser Name ist 
heute noch üblich. Diese Fabrikationsweise war zweifelsohne ein Fort— 
schritt, hatte aber auch empfindliche Mängel, die darin bestanden, daß der 
Teig sehr schwer trocknete und, der Feuchtigkeit ausgesetzt, weich und schim— 
melig wurde, daß er ein Leckerbissen für die Mäuse war, und daß wegen 
des freihändigen, zeitraubenden Bossierens die Ware nicht billig hergestellt 
werden konnte. 
Eine neue Ära der Spielwaren-Industrie trat mit einer Erfindung 
ein, welche diesen Mängeln mit einem Male abhalf. In Frankreich hatte
	        
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