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„Wir, Wilhelm,
von Gottes Gnaden König von Preußen,
nachdem die deutschen Fürsten und Freien Städte den einmütigen Ruf
an Uns gerichtet haben, mit Herstellung des Deutschen Reiches die
seit mehr denn 60 Jahren ruhende deutsche Kaiserwürde zu erneuern
und zu übernehmen, und nachdem in der Verfassung des deutschen
Bundes die enisprechenden Bestimmungen vorgesehen sind, bekunden
Wir hiermit, daß Wir es als eine Pflicht gegen das gemeinsame Vater⸗
land betrachtet haben, diesem Rufe der verbündeten deutschen Fürsten
und Städte Folge zu leisten und die deutsche Kaiserwürde anzunehmen.
Demgemäß werden Wir und Unsere Nachfolger in der Krone Preußens
fortan den Kaiserlichen Titel in allen Unseren Beziehungen und An—
gelegenheiten des Deutschen Reiches führen, und hoffen zu Gott, daß
es der deutschen Nation gegeben sein werde, unter dem Wahrzeichen
ihrer alten Herrlichkeit das Vaterland einer segensreichen Zukunft
entgegenzuführen. Wir übernehmen die Kaiserliche Würde in dem Be—
wußtsein der Pflicht, in deutscher Treue die Rechte des Reiches und
seiner Glieder zu schützen, den Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit
Deutschlands, gestützt auf die geeinte Kraft seines Volkes, zu ver—
teidigen. Wir nehmen sie an in der Hoffnung, daß es dem deutschen
Volke vergbunt sein wird, den Lohn seiner heißen und opferwilligen
Kämpfe in dauerndem Frieden und innerhalb der Grenzen zu genießen,
welche dem Vaterlande die seit Jahrhunderten entbehrte Sicherung gegen
erneute Angriffe Frankreichs gewähren. Uns aber und Unseren Nach—
folgern in der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, allezeit Mehrer
des Deutschen Reiches zu sein, nicht an kriegerischen Er—
oberungen, sondern an den Gütern und Gaben des Frie—
dens auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und
Gesittung.“
Das neuerstandene Deutsche Reich umfaßt 26 Staaten, nämlich zu—
nächst diejenigen Länder und Freien Städte, welche schon zum Norddeutschen
Bunde gehörten, und außerdem auch noch Bayern, Württemberg, Baden,
Hessen-Darmstadt und Elsaß-Lothringen. Durch den ersten durch all—
gemeines direktes Stimmrecht gewählten deutschen Reichstag wurde eine
Verfassung genehmigt, wonach die Einzelstaaten in ihrer Eigenart unan—
getastet bleiben. Das Reich bildet demnach nicht einen Staat, sondern
einen unauflöslichen Bund, an dessen Spitze der Kaiser steht. Dieser ver—
tritt das Reich den fremden Völkern gegenüber, schließt Bündnisse mit ihnen
und ist der oberste Kriegsherr.
Was Kaiser Wilhelm seinem Volke versprochen, hat er gehalten: das
deutsche Kaiserreich ist ein Reich des Friedens geworden und durch seine
Machistellung auch „ein zuverlässiger Bürge des europäischen Friedens“.
Besonders wirksam für die Erhaltung des europäischen Friedens ist die
Freundschaft geworden, welche den Kaiser Wilhelm mit den Fürsten Europas
berband. Festhaltend an den Überlieferungen seines Vaters, war er vor