Full text: Deutsches Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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regieren würde; man erzählte, es sei von ihm eine Äußerung 
des Cyrus als das klügste Wort des ganzen Altertums 
in Bezug auf Regierungskunst erklärt worden: „Die sichersten 
Mittel, einem Volke, einem Lande, einem Königreiche ein 
dauerndes Glück zu bereiten, find ein Heer ausgewählter 
Krieger und eine gute Haushaltung." 
Auf Wunsch des Vaters vermahlte sich Friedrich Wilhelm 
früh, und zwar mit Sophie Dorothea, der Tochter 
des Kurfürsten von Hannover unb Königs von Englanb, 
einer schönen, hochgebildeten Dame. Viele meinten, ber 
Kronprinz werde jetzt feiner Gemahlin zu Liebe feine Hof¬ 
haltung etwas ausdehnen, aber das geschah nicht, vielmehr 
verringerte er noch feinen Hofstaat, ja er trieb bie Einfach¬ 
heit so weit, baß er zum Beispiel bei Einlabungen bie Be- 
bingung stellte, bte Tafel nur mit einer Schüssel zu be¬ 
setzen. Im Jahre 1712 würbe bem krouprinzlichen Paar 
ein Sohn geboren, ber später als Friebrich ber Zweite ben 
preußischen Staat zu einer europäischen Großmacht erhob. 
Ein Jahr nach ber Geburt des Knaben starb Friebrich ber 
Erste und Friebrich Wilhelm bestieg bett Thron in feinem 
fünfundzwanzigsten Lebensjahre. Das Leichenbegängnis des 
Vaters wurde von ihm mit großen Pomp angeordnet und 
ganz so vollzogen, wie es den Neigungen Friedrichs ent¬ 
sprochen haben würde. Bei btefer Gelegenheit sahen bte 
Berliner noch einmal ben ganzen Glanz bes königlichen 
Hofes, aber auch zum letzten Male. Dann kam eine attbere 
Zeit. An Stelle ber Verfchwenbung trat Sparsamkeit, an 
bie ber Pracht bie größte Einfachheit, an bte ber glänzenben 
Hof feste Wachtparabeit unb Heerschau. Statt ber kostbaren 
Kleiber zahlreicher Hofbeamten sah man nur bie Uniformen 
ber Offiziere, bie beit König umgaben unb auch zugleich ben 
Dienst als Kaminerherreu versahen. In der ersten Zeit 
feiner Regierung trug Friedrich Wilhelm bisweilen noch 
bürgerliche Kleidung, später erschien er nie anders als in
	        
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