Full text: Lesebuch für landwirtschaftliche Fortbildungsschulen im Königreich Sachsen

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sie bauten; derselbe gehörte vielmehr dem Gutsherrn. Er konnte die 
Gütlein seiner Hörigen mit oder ohne deren Inhaber verkaufen, ver— 
schenken, vertauschen oder die Inhaber daraus vertreiben. Die Äcker und 
Wiesen bildeten kein geschlossenes Ganzes, sondern lagen in der Dorfflur 
zerstreut und wurden in gewissen Zeiträumen unter den Bauern neu 
verteilt. So waren denn die wendischen Gutsuntertanen völlig abhängig 
von dem Gutsherrn; sie waren ihm gehörige Leute. 
Doch zerfiel das gesamte Volk der Hörigen in mehrere Klassen, 
welche nach Pflichten und Rechten und daher auch nach Rang und Stellung 
streng geschieden waren. Die erste Klasse bestand aus Supanen oder 
Ältesten. Sie waren die Richter und Steuereinnehmer in den Gerichts— 
und Steuerbezirken. Später fanden sie im Landgericht als Schöffen in 
wendischen Sachen das Urteil. Von ihrem Dienstgute leisteten sie dem 
Landesherrn Kriegsdienste zu Roß. Die zweite Klasse bildeten die Withasen 
oder Kriegsleute. Sie waren außerdem dem Gutsherrn zu einem Zins 
verpflichtet.. Die Freiheit von Spann- und Handdiensten erhob die 
Supanen und die Withasen über die dritte Klasse, die der eigentlichen Bauern. 
Ferner gab es noch die Smurden. Schon der Name, welcher Schmutz 
oder Gestank bedeutet, weist auf ihre tiefe, verachtete Stellung hin. Sie 
waren ihrem Herrn zu jeder Art Handdienst in Haus, Hof und Feld verbunden. 
Im zehnten Jahrhundert begannen dann die blutigen Kämpfe zwischen 
Sorben und Deutschen. Heinrich J. besiegte die Daleminzier und drang 
bis zur Elbe vor. Er gründete Burg und Mark Meißen, um von hier 
aus die Unterworfenen zu beherrschen. König Otto J. betrachtete es als 
seine heilige Aufgabe, die Wenden dem Christentume zuzuführen. Er 
schritt auch zur Unterwerfung der östlichen Wendenländer. Ekkehard IIL. 
Markgraf von Meißen, unterwarf die Oberlausitz vollständig der deutschen 
Herrschaft und verleibte sie dem Reiche ein. Der gewaltige Markgraf 
Gero eroberte von Magdeburg aus die Landstriche zwischen der unteren 
Saale und Mulde und elbaufwärts bis in die Gegend von Riesa und 
bis zur Schwarzen Elster. Auch fügte er die Niederlausitz dem Reiche an. 
Mit der Eroberung des Landes durch die Deutschen war die Herr— 
schaft der wendischen Fürsten und des wendischen Adels für immer er— 
loschen. Die meisten verloren ihre Besitzungen, welche deutschen Kriegern 
zum Lohn für geleistete Dienste zu Lehen gegeben wurden. Die sorbische 
Landbevölkerung blieb in völliger Hörigkeit oder Knechtschaft. Sie hatte 
nur die Herren gewechselt. Doch behielt sie, wenigstens in der Lausitz, 
ihr altslavisches Recht und ihre wendische Sprache. Noch im sechzehnten Jahr⸗ 
hundert gab es in Bautzen ein „wendisches“ Landgericht, während das Bistum 
Meißen für seine zahlreichen wendischen Ortschaften der Oberlausitz bis zu 
Anfang des neunzehnten Jahrhunderts den Dingstuhl zu Göda bestehen ließ. 
Am Ausgange des elsten Jahrhunderts war demnach Sachsen von 
einer halb- oder ganzheidnischen, unfreien sorbischen Landbevölkerung be— 
wohnt. Über sie herrschten zahlreiche deutsche Herren, die in Burgorten 
oder in festen Höfen über das ganze Land hin verteilt waren. 
(ach E. O. Schulze u. Dr. Hermann Knothe.) R.
	        
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