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3. Meistersjahre.
47. Zum Tagewerk.
Gehe hin in Gottes Namen,
Greif dein Werk mit Sreuden an,
Srühe säe deinen Samen!
Was getan ist, ist getan.
Müßig stehen ist gefährlich,
Heilsam unverdross'ner Sleiß,
Und es steht dir abends ehrlich
An der Stirn des Tages Schweiß.
Sieh nicht aus nach dem Entfernten,
Was dir nah liegt, mußt du tun;
Säen mußt du, willst du ernten!
Nur die fleiß ge Hand wird ruhn.
Weißt du auch nicht, was geraten
Oder was mißlingen mag,
Solgt doch allen guten Taten
Gottes Segen für dich nach.
Geh denn hin in Gottes Namen,
Greif dein Werk mit Sreuden an;
Srühe säe deinen Samen!
Was getan ist, ist getan
Spitta.
48. Es ist kein eitel Ding um unser Handwerk.
An einem lichten Morgen wanderten zu Nürnberg zwei zum
Tore hinaus, ein ehrwürdiger Greis im Schmucke weißen Haares
und ein gar lebfrischer Gesell mit lachenden Maienaugen. Letzterer
war der Schuster Hans Sachs; sein lieber Meister in der Kunst
des Singens und Sagens, der Leineweber Leonhard Nunnenbeck,
gab dem fahrenden Handwerksburschen das letzte Geleite aus der
Vaterstadt.
Es müssen ernste Worte gewesen sein, mit welchen der Alte
auf den Jüngling einsprach; denn dieser ging ernst, mit gesenktem
Haupte neben dem väterlichen Freunde her. Meister Nunnenbeck
sprach von seinem Lieblingswunsche, sein so auffallend reich begabter
Schüler möge Knieriemen und Ahle fahren lassen und sich einem
gelehrten Berufe widmen. Dabei verstand er das stille Glück eines
heimlichen Studierkämmerleins, Ruhm und Ehre des öffentlichen
Wirkens eines Gelehrten in so verlockenden Tönen zu singen, daß
wohl manch anderem, der mit Knotenstock und Felleisen am Kreuz—
wege stand wie der junge Sachs, das Herz weit und der Sinn
schwankend und berauscht worden wäre.
Nicht so der Jüngling. Der stand plötzlich vor dem Alten,
hatte den Meister schier despektierlich an den Schultern, sah ihn an
mit seinen strahlenden Augen und fing an zu sprechen: „Schaut die