Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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Die arme Mutter hielt, was sie versprochen, 
Und kam das Elend auch herangekrochen, 
Sie wankte nicht, ich mußte lernen, lernen, 
Mich keinen Schritt allein vom Haus entfernen. 
Der Fleißigste war ich im ganzen Neste 
Und auch zum Schluß mein Zeugnis weit das beste. 
Von da ging's aufs Gymnasium und immer 
Die Mutter hinterher, die hätt' mich nimmer 
Allein gelassen, nicht um alle Güter 
Der weiten Welt. Wer wäre denn mein Hüter? 
Sie wusch für fremde Leute, ich gab Stunden. 
So haben wir uns ehrlich durchgewunden 
Bis in das Seminar. Der Mutter Listen 
Gelang's auch dort als Magd sich einzunisten, 
Und wo sie mich erblickte, sprach sie leise 
Ein kleines Mahnwort für die Lebensweise. 
So ward ich Priester denn, empfing den Segen 
Und glücklich war ich schon der Mutter wegen, 
Denn eine Bürde schien von ihr genommen. 
Ich hoffte, daß jetzt frohe Tage kommen; 
Doch bald nach meiner Weihe, kaum zehn Tage, 
Erkrankte sie. Ergeben, ohne Klage, 
Fast heiter sprach sie, wie aus weiter Ferne: 
„Mein Leben ist erfüllt, ich sterbe gerne.“ 
Ihr letzter Hauch war meines Vaters Namen. 
Hier schwieg der Greis und wie ein leises Amen 
Zog's durch der Linde blütenschwere Zweige. 
Schon war es spät, der Abend ging zur Neige, 
Vom Hag herüber scholl des Sprossers Singen, 
Wir drückten stumm des Priesters Hand und gingen. 
Fritz Baron von Holzhausen, Aus dem „Heimgarten“. 
18. Von der Herrlichkeit des Dienens. 
1. Man will in unsern Tagen nicht recht mehr im Dienste 
stehen. Der Widerwille gegen das Dienen ist allmählich auch 
zu uns gekommen und damit auch die Leutenot. Mancher 
Bauer ist in Sorge: „Bekommst du Arbeitskraft für Kuche und 
Stall oder nicht?“ Freilich einige Hauser haben es redlich 
verdient,. dab sie keine Dienstboten bekommen können. Andere
	        
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