85
—
vom Ansehen des Propheten in seinem Vaterlande auch bei ihm be—
stätigte. Aber das deutsche Volk urteilte sogleich anders. Schon
nach wenigen Tagen liefen von berufenen Männern die günstigsten
Urteile über die „Blumen der Wälder“ ein; auch erfreuten den
Dichter ermunternde Briefe und Anerkennungszeichen aus dem Volke
von nah und fern. Diese zahlreichen Boten des Beifalls ermutigten
den einfachen Mann, rüstig weiter zu schaffen und das Wort Goethes:
„Gehe vom Häuslichen aus und verbreite dich, so du kannst,
über die Welt,“ wirkte allgemach entscheidend auf den noch immer
an seinem Dichterberufe zweifelnden Handwerksmeister. Und in reicher
Fülle tat fich der Born des „Häusuͤchen“ vor ihm auf. Sein Weib,
die sorgende, liebe- und vertrauensvolle Gefährtin seines Lebens,
wurde der Mittelpunkt seiner Dichtungen.
Frischen Mutes ging Weise ans Werk und schuf in seinen Muße⸗
stunden, während die Hand der schnurrenden Drehbank treu blieb,
seine „Handwerkerbraut“, eine herrliche Dichtung, welche bald darauf
im Selbstverlage des Dichters erschien. Es war kurze Zeit vor Weih⸗
nachten, als die Erstlingsexemplare der neuen Dichtung Weises in die
Welt hinaus gesandt wurden, und selten wohl mag in einer Hand⸗
werkerfamilie das Weihnachtsfest fröhlicher gefeiert worden sein, als
damala im Weiseschen Hause, als aus vielen Gegenden des Vater—
lands begeisterte Lobsprüche über die neue Dichtung eingingen. So
schuf er denn im folgenden Jahre fröhlich eine neue Dichtung,,Das
Weib des Handwerkers“, der sich in der Folge das „Familienleben“
anschloß.
Eine Zahl neuerer Dichtungen hat der Freienwalder Volkssänger
jenen älteren folgen lassen, so „Die Läuter aus dem Ruhlatale“ und
„Derfflinger“, zwei Sonettenkränze, ferner „Friedrich Wilhelm von
Braunschweig Ols“, ein Heldengedicht, „Aus Kaiser Wilhelms Jugend⸗
tagen“, eine Dichtung. — Auch auf dem Gebiete der Volkserzählung hat
sich Weise mit Gluͤck versucht, wie die Schilderungen aus seinem
Juͤgendleben, seiner Wanderzeit und seinen Meister⸗ und Prüfungs—
jahren und seine Erzählungen „Aus des Volkes Tiefen (1. Marie,
eine Tochter aus dem Volke, 2. Ein neues Zion), „Der Gelegenheits—
dichter“, Erzählung, „Pommerntreue“ und vor allem das herrliche
Volksbuch „Weihnachtserlebnisse einer Handwerkerfamilie“ beweisen.
Nach Tausenden aber zählen seine bisher noch ungesammelten Fest—
lieder, Prologe und Gelegenheitsgedichte, unter denen sicherlich viele
werlvolle Perlen sich befinden. Während so unserem neuen Hans
Sachs durch die schönen Erfolge seines dichterischen Schaffens ein
hohes Glück zuteil geworden ist, hat es ihm bei allem regen Fleiße
uͤnd ernstem Streben nicht gelingen wollen, sich die Mittel zu er—
werben, die ihm ein sorgenfreies Dasein in den Tagen seines Alters
gewährten. Der allgemeine Druck, welcher in unserer Zeit der
Maschinen und des Zigarrenrauchens in der die wichtigsten Artikel
der vrechslerei, das Spinnrad und die Pfeife, ganz aus der Mode