Full text: Deutsches Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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Mendlande bekannt, und es enstanden öffentliche Badestuben für die 
Wohlhabendere Bevölkerung, und schon im 12. Jahrhundert finden wir 
in Deutschland die anwendung von Schwitz- und Dampfbädern beim 
Auftreten gewisser Krankheiten. Zwar trat im 17. Jahrhundert wieder 
ein Rückschlag ein; das Volk entwöhnte sich der alten Sitte, allein das 
Bedürfnis zu baden, wenigstens in der heissen Jahreszeit, erlosch nicht 
günzlich. Im 18. Jahrhundert waren es besonders die Engländer, 
welche die kalten Bäder, hauptsächlich Seebäder, in Ansehen brachten. 
Ganz besonders aber gebührt dem 19. Jahrhundert der Ruhm, durch 
Gründung von Volksbadeanstalten in grössern und kleinern Städten das 
Baden aueh in der kalten Jahreszeit zu einem unentbehrlichen Hebel 
der Volkswoblfahrt gemacht zu haben. Es entstanden in der Nitte 
dieses Jahrhunderts sogar Scehwimmbäder, für das ganze Jahr ge— 
öffnet, und die Badeplätze für den Sommer in Flüssen und Seen wurden 
immer zahlreicher. 
Und wabrlich, es kann für die deutsche Jugend Kaum eine wohbl- 
tätigere Einrichtung geschaffen werden! Vom gesundheitlichen wie 
sittlichen Standpunkte aus Kann nicht eindringlich genug darauf hingewiesen 
Verden, wie segensreich das freie Bad im Flusse für unsere Jünglinge 
ist, mögen sie im Laden oder im Bureau oder in der staubigen Werk- 
statt arbeiten. Ist es nicht eine wahre Lust, die beengende Kleidung 
einmal ablegen und den Naturvölkern gleich die ganze Körperoberfläche 
von der freien Luft und dem kühlen Wasser berühren zu lassen? Kann 
man sich ein wohligeres Gefühl denken, als wenn man beim Schwimmen 
durch die ungehemmtesten Bewegungen Herr des nassen Elements wird, 
und wenn nach der Abkühlung dann die Rückwirkung eintritt? Gibt 
es eine andere Körperliche Bewegung, die nur annähernd mit der Tätig- 
keit des Schwimmens verglichen werden könnte? Jeder Muskel, jede 
Paser unseres Fleisches wird in Tatigkeit gesetzt und das gesamte 
Nervensystem wohbltätig angeregt. Und sollte nicht der Jüngling, der 
gieh an pünktliche Reinlichkeit seines ganzen Körpers gewöhnt und 
dieselbe zum unabweisbaren Bedürfnis macht, auch einen Abscheu finden 
Vor sittlicher Verunreinigung, sollte ibhm diese nicht gleieb dem Lörper- 
lichen Schmutze lästig und widerlich werden? Darum hinaus, ihr 
Nünglinge, ihr künftigen Bürger eines mächtigen Staates, hinaus nach 
des Tages Last und Hitze in die Fluten des Sees, es wird euch niehbt 
8ereuen! 
PFreilich gehört zu einem gesundheitstärkenden, wohltätigen Bade 
aueh eine gewisse Vorsicht, eine auf Erfahrung gegründete Übung. 
Nieht jeder versteht es, richtig d. h. zweckentsprechend zu baden, und 
wo sieh eine schädliche Wirkung eingestellt hat, da ist dies in der 
Regel infolge von NMissachtung gewisser Vorsichtsmassregeln geschehen. 
Begibt sich der Mensch, dessen normale Blutwärme etwa 37, 690 
beträgt, in ein kühles, d. h. 17 -2200 warmes Wasser, so erfährt 
sein Körper eine bedeutende 4bkühlung. Zunächst verliert die Haut, 
in welcher sich, abgesehen von der hornigen Oberhaut, unzählige Blut-
	        
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