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getrieben, Schlot an Schlot ragt empor, und über ihnen wehet des Rauches
Fahne, das Banner der arbeitsamen Männer, weiche mit der Macht des
Feuers den Trotz der Metalle brechen. Talauf, talab tönt dumpf der
Fall des Hammers und rollt die Walze in geräuschvollem Umlaufe; in
andern Orten rollt die Spindel und klappert hastig der Webstuhl. Dort
Eisen, Stahl, Messing, Zinn, Silber, — hier Seide, Wolle, Leinen, Baum—
wolle, welche unter kunstreicher Hand im Dienste der Gewerbe sich mannig—
fach umgestalten. Verschwuͤnden ist schon in einigen Bezirken der alte
Gegensah von Stadt und Land: — Gewerbe überall! Meilenweit zieht
sich in ununterbrochener Reihe die Zeile der Häuser hin.“ — —
Wer sich ein anschauliches und doch zugleich freundliches Bild von
der industriellen Tätigkeit, die wir kurz gezeichnet haben, verschaffen will,
dem empfehlen wir von Hagen einen Ausflug in das hier mündende Tal
der Ennepe. Während sonst die Industrie nicht immer die Schönheit der
Natur zu fördern geeignet ist, sondern vielfach verwüstend oder doch ent—
stellend wirkt, haben hier beide sich zu einem schönen, gleichmäßigen Ganzen
untereinander verschlungen. Das freundliche Tal wie die Abhänge der
einschließenden Höhen sind auf der ganzen Strecke von Hagen bis Gevels—
berg mit Wohnhäusern, Werkstätten, Schmieden und Kaminen übersäet,
zwischen denen frisch grünende Wiesen, Felder und Obstbaumhöfe sich fried—
lich hinlagern. Unten braust die Ennepe mit ihrem klaren Wasser dahin,
mehrfach in ihrem Laufe gehemmt, um für die verschiedenen Hämmer, Schleif⸗
stütten und Mühlen, die sich hier in langer Reihe folgen, ihre Dienste zu
thun. In Hunderten von Werkstätten treiben daneben die Eisenzeugschmiede
ihr lärmendes Handwerk. Neben dem Flüßchen zieht sich eine gute Land—
straße das Tal hinauf, früher von langen Frachtfuhrreihen befahren und
auch heute noch nicht unbelebt, während zwei Eisenbahnen an den Ab—
hängen des rechten und des linken Ufers entlang laufen, die vortrefflichsten
Aussichten in den belebten Grund gestattend.
Nach Daniel u. Natorp.
5. Am deutschen Rheinstrom.
(Die Weinlese.)
„Am Rhein, am grünen Rheine,
Da ist so mild die Nacht,
Und e liegen
In goldener Mondenpracht.“
Reben und Rhein — sie gehören zusammen seit Jahrhunderten.
Den edlen Rüdesheimer Wein ließ, wie die Sage erzählt, der
Kaiser Karl selbst anpflanzen. Einst schaute der Kaiser, es war im
Monat März, von seinem prachtvollen Palaste zu Ingelheim hinab
auf den Strom und die rechtsrheinischen Höhen und gewahrte, wie
bei Rüdesheim am Berge der Schnee zuerst weggeschmolzen war. Da
ließ er aus fernen Landen edle Reben kommen und dort anpflanzen:
daraus ist der vortreffliche Rüdesheimer Bergwein entstanden. Heute