Full text: Deutsches Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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O süßer Tag der Rache! 
Das klinget allen Deutschen gut, 
Das ist die große Sache. 
6. Laßt wehen, was nur wehen kann, 
Standarten weh'n und Fahnen! 
Wir wollen heut' uns, Mann für Mann, 
Zum Heldentode mahnen. 
Auf! fliege, stolzes Siegspanier, 
Voran den kühnen Reihen! 
Wir siegen oder sterben hier 
Den süßen Tod der Freien. 
E. M. Arndt. 
— — — 
3. Im neuen Deutschen Reich. 
Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an, 
Das halte fest mit deinem ganzen Herzen! 
Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft; 
Dort in der fremden Welt stehst du allein, 
Ein schwankes Rohr, das jeder Sturm zerknickt. 
Friedrich v. Schiller. 
1. Die Kaiserproklamation zu Versuilles. 
Der Deutsch⸗französische Krieg war zu Ende. Nie war ein Feld— 
zug ruhmreicher verlaufen als dieser siebenmonatige. Sechzehn Schlachten 
hatte das deutsche Heer gewonnen, sechsundzwanzig Festungen erobert. 
11800 Offiziere und 371000 Mann waren zu Gefangenen gemacht, 
7400 Geschütze und 107 Adler und Fahnen erbeutet worden. Wie Moltke 
mit dem Schwerte, so hatte dann Bismarck mit der Feder über Erwarten 
viel erreicht: einen Landerwerb, an Umfang zwar mäßig, aber unendlich 
wertvoll durch geschichtliche Erinnerung, und weil er die deutsche Grenze 
sicherte, daneben eine Kriegssteuer, groß genug, um nicht nur den Schaden, 
den Deutschland in diesem Kriege an seiner Habe erlitten, sondern auch die 
Kosten zu decken, welche jetzt durch seine Umwandlung aus einem lockeren 
Staatenbund in einen gesicherten Bundesstaat entstanden. 
Denn auch der herrlichste Preis, den das deutsche Volk von diesem 
Kriege verlangt hatte, war ihm zugefallen; es war geeint worden zum 
deutschen Kaiserreich. Noch während die Kanonen donnerten, hatte im 
Hauptquartier des preußischen Königs zu Versailles der Kanzler des 
Norddeutschen Bundes mit den Bevollmächtigten der deutschen Südstaaten 
die Verträge geschlossen, durch welche alle deutschen Staaten durch Führung 
Preußens zu einem einzigen Reiche verbunden wurden. 
Der deutsche Kaisertitel stand noch aus. Wilhelm 1. für seine 
Person legte auf denselben wenig Wert; denn eine Machtvermehrung 
brachte er dem Könige von Preußen nicht. Aber eine große Partei um
	        
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