Full text: Größeres Lesebuch für Fortbildungsschulen in Stadt und Land

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weißen, scharfkantigen Kieseln, die dem Auge und den Füßen wehe thun; 
bald ist es fester Thonboden, so hart wie eine Scheuertenne; bald decken 
weitgedehnte Felsplätten die Erde, von Steintrümmern überlagert oder 
von Wadis durchzogen. Die Wadis sind Risse und Spalten, oft 8 mn 
tief, in denen hie und da nach Gewitterregen ein Fluß dahinrauscht, der 
aber nur von kurzer Dauer ist; die heiße Wüste verschluckt ihn, und er 
verdunstet in der Glühhitze; in seinem Bette aber wird, wie in den 
Gletscherspalten der Schnee, so hier der Sand zusammengeweht, in den 
die Wüstenwanderer einsinken. 
Der am meisten eigentümliche Zug der Wüste ist der beinahe voll— 
kommene Mangel an Pflanzen. Weder Wald, noch Gebüsch, noch eine 
Graslage bedeckt den Erdboden. Hier und da entsteigt dem trockenen 
Erdreich eine Distel, ein magerer Thymian, eine dornige Mimose, ein 
trockenblätteriger, meist von den Kamelen bereits kahl gefressener Dorn— 
strauch. Die Sahara ist das Bild des Todes; denn in ihr giebt es 
keine Bewegung, kein Leben, nichts Lebendiges. Kein fröhlicher Laut 
erschallt in der Todesstille des weiten öden Raumes; nur das Sausen 
des Windes ertönt unwillkommen dem Ohre des Menschen. Kein Tier 
begegnet im tiefen Innern desselben seinem Auge, außer zuweilen ein 
zu seinem Verderben verschlagener Vogel und die flüchtigen Gestalten 
der Antilopen und Strauße, von denen jene, des Menschen ungewohnt, 
ohne Scheu sich ihm nähern; ihr Anblick erfreut den verzweifelten Wan— 
derer, der sie gleichsam als schützende Genien, oder, wie der Muhame— 
daner, als Mut einsprechende Boͤten des Propheten betrachtet. Außer— 
dem ist von Lebendigem in der Wüste kaum etwas anderes zu bemerken 
als Vipern, Skorpione und Ameisen. 
Noch mehr als diese seltenen, einzelnen Erscheinungen, welche die 
Eintönigkeit der Wüste nur zu unterbrechen scheinen, um desto lebhafter 
den herrschenden Charakter des Ganzen vor die Seele zu führen, erinnern 
die Gebeine von Menschen und Tieren den leidenden Wanderer an seinen 
Zustand der Verlassenheit und der Gefahr. Durch Sandstürme getötet, 
oͤder durch Verschüttung einer Wasserstation, durch das Verfehlen der— 
selben, oder durch Vertrocknung der Wasserschläuche verdurstend ge— 
slorben, oder vor Hitze und Erschöpfung verschmachtet, oder von den in 
der Wüste streifenden Raubhorden erschlagen, liegen ihre Leiber als bleiche 
Gerippe, oder zusammengeschrumpft und ohne Spur von Würmern da. 
Und doch ist mit äll diesen furchtbären Erscheinungen das Maß 
der Übel noch nicht erfüllt, welches der Mensch in der Wüste ertragen 
muß. Welch große Hitze hat er da zu erdulden, wo Tag für Tag die 
volle Glut der Sonne wütet, wo, um mit einem Sprichwort zu reden, 
der Himmel wie Erz und die Erde wie Eisen glühet, und wo noch über— 
dies die gefürchteten Glutwinde wehen. Diese Winde, Chamsin, Samum 
und Harmattan genannt, erhalten durch die heißen, ausgedehnten Sand— 
strecken, über welche sie hinwehen, ihre Glut. Wenn sie zu wehen be— 
ginnen, so wird der sonst so klare Himmel düster und trüb, die Sonne 
derliert ihren Glanz und erscheint mit violetter Farbe. Die Tiere 
werden unruhig, den Menschen wird der Gaumen trocken und die Aus— 
dünstung gehemmt. Vergeblich nimmt man zum Wassertrinken seine
	        
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