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„Dame Etiquette“ *) genannt hatte. sleich beim Einzuge hatte Luise
die förmliche Dame bis zum Enssetzen durch den zärtlichen Kuß erschreckt,
mit dem sie einem der sie begrüßenden Mädchen für ein hergesagtes
sedicht gedankt hatte. „Mein sott, was haben kure Königliche hoheit
getan!“ stöhnte die Oberhofmeisterin, „das ist ja gegen alle Etikettel
derwundert wandte die Braut sich um: „Darf ich denn das nicht mehr
tun?“ fragte sie. Bewies die hofmeisterin dem Kronprinzen, er dürfe zu
seiner 6emahlin nur, wenn er sich vorher habe feierlich anmelden lassen,
so schickte er sie mit einer solchen Botschaft zur Kronprinzessin, und wenn
sie eintrat, fand sie auf dem Sofa neben hrer sebieterin — den Kronprinzen,
der durch eine Seitentür seiner ehrwürdigen sesandtin borausgeeilt war.
Fetzte sie ihm auseinander, er mũsse mit der Kronprinzessin bei einer
festlichen selegenheit notwendigerweise in einer sechsspãnnigen Galakarosse
mit zwei Kutschern und drei Ceibjãgern fahren, so ließ er die Karosse
genau so anspannen, wie die gute sräfin es angeordnet, hob sie dann
hinein, warf den Schlag zu, winkte fortzufahren und sprang mit seiner
Cuise in seinen gewöhnlichen offenen Zweispänner. Und einmal in dranien⸗
burg forderte die Kronprinzessin die dberhofmeisterin sogar zu einer
Spazierfahrt auf einem ceiterwagen auf. Das war aber der „Dame Eti-
quette“ doch zu viel. Sie derteidigte sich und ihre Würde, sie verteidigte
die heilige überlieferung des zeremoniells, sie fuhr nicht mit. Ihre König⸗
lichen hoheiten mochten auf dem Ceiterwagen allem herkommen zum Trotz
davon kutschieren, Dame Etiquette“, die s6rãfin von Doß, kehrte gebeugt,
aber unũberwunden, in das Schloß zurück.
friedrich Vilhelm III. blieb derselhe an Einfachheit, auch als er am
16. sobember 1797 seinem Vater als König nachfolgte. Vie im Triumph
zog das Königspaar durch die probinzen um sich huldigen zu lassen, und
überall fand Cuise dieselbe Unterwerfung der semüter unter ihre siegreiche
holdseligkeit. Dann kehrte sie nach Berlin zurück und war wieder in stiller
glücklicher hãuslichkeit „die gnädige krau von paretz.“ Ihr semahl hatte
ihr nämlich das Landgut paretz, ꝛwei Meslen von potsdam an der haodel
gelegen, gekauft und es wohnlich, aber schlicht einrichten lassen.
hjier war der könig nur „Schulze“, und Luise nur „gnädige krau“.
Fie selbst hatte sich so genannt, als eine fremde kürstin sie einst fragte,
ob es lhrer Masestät nicht langweilig werde, WMochen und Wochen in dieser
lãndlichen Einsiedelei zuzubringen? Da entgegnete Cuise: „Ich nein, ich
gefalle mir ausnehmend als gnädige krau von Paretz.“
für die Dorfjugend hießen die hohen errschaften „ßerr könig“ und
„frau Königin“. Die Dorfjugend hatte das Dorrecht sich jeden Tag nach
lische bor dem Ssartensaale zu versammeln, wo gespeist wurde, um sich
* frau sofordnung.