Full text: Lesebuch für Mädchenfortbildungsschulen

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tatsächlich geheilt sind. Ein andermal glaubt der Kranke, der Arzt müsse 
seine Krankheit, die monate- oder jahrelang schon besteht, in einigen 
Wochen heilen können; wenn das nicht eintrifft, ist er von der Behandlung 
des Arztes enttäuscht und hält sie für unrichtig. Er geht dann zu einem 
andern Arzt, und wenn er wieder nicht die erhofften Erfolge sieht, 
vielleicht wieder zu einem andern und schließlich fällt er den Kurpfuschern 
in die Hände. Inzwischen ist die Krankheit so lange behandelt worden, 
daß .e der Heilung nahe ist, und wenn der Kurpfuscher nicht gerade 
wieder schädlich auf sie einwirkt, kommt unter seinen Händen die endgültige 
Heilung zustande und die Kranken bilden sich ein, es sei das durch sein 
Mittel geschehen, und stellen ihm ein glänzendes Zeugnis aus. Schließlich 
gibt es die vielen eingebildeten Kranken, die häufig geheilt werden von 
irgendwem, wenn sie nur die Überzeugung haben, daß der Betreffende 
imstande sei, sie zu heilen. 
Die Schädigung durch die Kurpfuscher ist eine doppelte. Einmal 
werden die Kranken an ihrer Gesundheit dadurch geschädigt, daß die 
Mittel der Kurpfuscherei schädlich wirken oder, falls sie nur nutzlos sind, 
die Anwendung geeigneter Mittel verhindern. Zum andern werden die 
Kranken geschädigt an ihrem Geldbeutel, indem die Kurpfuscher für die 
Behandlung und ihre Rezepte und Arzneien oft ganz ungeheuer hohe 
Preise fordern. Es sind Beispiele bekannt geworden, wo 100 A, ja 200 A 
bezahlt wurden für Dinge, die einen wirklichen Herstellungswert von 
vielleicht 2 A oder 3 A haben, und daß 15 4, 20 A und mehr Mark 
bezahlt wurden für Rezepte, die kaum einen Wert von 20 H hatten. 
Das merkwürdigste dabei ist, daß die Leute sich solche übermäßigen Preise 
ruhig gefallen lassen und zahlen, während sie bei den von Ärzten ver— 
schriebenen Rezepten schon murren, wenn der Preis über den Durch— 
schnittssaß von 1.4 oder 2 A hinausgeht. 
Außer den Kurpfuschern von Beruf gibt es noch eine unberechenbar 
große Zahl von gelegentlichen. Der Mehrzahl nach sind das Frauen; 
denn gerade bei diesen besteht eine große Neigung ärztliche Ratschläge zu 
erteilen. Wenn sie irgend einmal ein Mittel bei einer Krankheit haben 
wirken sehen, so treibt es sie förmlich das auch anderwärts zu empfehlen, 
ohne daß sie beurteilen können, ob es sich hier gerade um denselben Fall 
handelt, und ob hier das Mittel, das dort genützt hat, nicht vielleicht 
schädlich ist. Glücklicherweise werden solche gelegentlich erteilten Ratschläge 
in den seltensten Fällen befolgt. 
Woran kann man nun einen Kurpfuscher erkennen? Das ist nicht 
immer leicht, aber es gibt doch gewisse Anhaltspunkte. Wenn z. B. einer 
sich rühmt, viele oder alle Krankheiten mit einfachen Mitteln heilen zu 
können, so ist er sicher ein Kurpfuscher. Und wenn jemand angibt, daß
	        
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