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Das eigentliche Mittelalter.
richtiger Erkenntnis aber der nun bei dauernder Uneinigkeit drohenden
Katastrophe scharte sich alsbald alles um
124 2. König Otto IV. 1208 — 15 (f 1218), der allgemein
?2o°^bis an erkannt an die Spitze des geeinten Reichs trat und zur Til-
m5' gung alles Streits sich mit Philipps Tochter Beatrix verlobte. Durch
die so ganz geänderten Verhältnisse wurde der Welfe so zum Träger
der stausischen Kaiser Politik, was natürlich zu neuem Zu¬
sammenstoß mit dem Papsttum führte. Italien fand Otto bei
feinem Romzuge zerrüttet durch den Kampf zwischen Gnelfen und
Ghibellinen, der namentlich in der Mark Verona zwischen den
Efte's und Ezzelin von Romano wütete, während die im Besitze der
Freiheit herrlich erblühten Städte sich ihm bereitwillig anschlössen.
Trotz feines Mißtrauens krönte Jnnocenz III. Otto (Oktober) 1210
zum Kaiser. Alsbald beanspruchte Otto aber auch alle Rechte eines
solchen und übte dieselben unbeirrt durch den Widerspruch des Papstes.
Insbesondere wollte Otto in Anknüpfung an die Ersolge Lothars
(§ 101) auch die Reichsrechte auf Apulien wieder zur Anerkennung
bringen, zumal König Friedrich II., der die deutsche Krone erstrebte,
bereits mit seinen deutschen Gegnern in Verbindung stand, und wurde,
als er Apulien gegen die Mahnung des den jungen König beschützenden
Papsts angriff, von Jnnocenz III. (10. November) 1210 gebannt. Die
Folge war alsbald ein allgemeiner Abfall in Deutschland,
wo sich die ftausifche Partei von neuem erhob. Zurückeilend rieb Otto
feine Kräfte in unentschiedenem Bürgerkriege auf, der feinem stausischen
Gegner den Weg bahnte zur Verwirklichung der ihn als Erben
Heinrichs VI. erfüllenden ehrgeizigen Entwürfe. Unter mancherlei
Gefahren kam der 17 jährige Friedrich II., nachdem er feiner arago-
nifchen Gemahlin Konstante die Regentschaft anvertraut und feinen
jungen Sohn zum fizilifchen König gekrönt hatte, des Papsts Sorge
vor der dauernden Union Siziliens und Deutschlands klug beschwich¬
tigend, über Italien nach Deutschland, wo sich alsbald die alten
Anhänger der Staufer um ihn scharten und er um so müheloser durch¬
drang , als Otto IV. durch die unkluge Einmischung in den eng-
lifch-franzöfifchen Krieg über Flandern als Bundesgenosse
Johanns ohne Land sich (April) 1214 die schwere Niederlage bei
Bo uv in es znzog und nun nach Brannfchweig zurückweichen mußte
(f 1218). Friedrich II., welcher die Anerkennung des anfangs
schwankenden Waldemar II. von Dänemark durch die Deutsch¬
land schwer schädigende Abtretung Nordalbingiens (§ 114)