Full text: Lehr- und Lesebuch für weibliche Sonntags- und Fortbildungsschulen

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seiner Jünger für den erlauchten Gruß. Aber Einlaß schaffen ist ein 
unmöglich Ding. Kanonische Satzung sperrt das Tor!“ 
Frau Hadwig saß schon lange ungeduldig im Sattel. Jetzt schlug 
sie mit der Reitgerte ihren weißen Zelter, daß er sich mäßig bäumte. 
„Herr Abt, die Herzogin in Schwaben muß das Kloster sehen!“ sprach 
sie schaff. Da ward dem Schwergeprüften klar, daß weiterer Wider— 
spruch kaum mehr möglich sei ohne große Gefahr für des Gotteshauses 
Zukunft. Darum rief er jetzt hinunter: „Da Ihr hartnäckig darauf 
besteht, muß ich's der Ratsversammlung der Brüder vortragen. Bis 
dahin geduldet Euch!“ 
Fünfmal erklang jetzt das Glöcklein von des heiligen Otmar Kapelle 
neben der Hauptkirche und rief die Brüder zum Kapitelsaal. Der Abt 
bestieg seinen ragenden Steinsitz, und sie ratschlagten, was zu tun. Der 
Fall war schwierig. Die Beratung ward stürmisch, sie sprachen hin und 
her. Da erhob sich unter den Jüngeren einer und erbat das Wort. 
„Sprechet, Bruder Ekkehard!“ rief der Abt. Der erhob seine Stimme 
und sprach: „Die Herzogin in Schwaben ist des Klosters Schirmvogt und 
gilt in solcher Eigenschaft als wie ein Mann. Und wenn in unserer 
Satzung streng geboten ist, daß kein Weib den Fuß über des Klosters 
Schwelle setze: man kann sie ja darüber tragen.“ Da heiterten sich die 
Stirnen, beifällig nickten die Kapuzen, auch der Abt war des verständigen 
Wortes nicht unbewegt und sprach: „Bruder Ekkehard, Ihr seid sanft wie 
die Taube, aber klug wie die Schlange. So sollt Ihr des eignen Rats 
Vollstrecker sein!“ 
Der Abt pflog noch eine lange flüsternde Verhandlung mit Gerold, 
dem Schaffner, wegen des Vesperimbisses. Dann stieg er von seinem 
Steinsitz und zog mit der Brüder Schar den Gästen entgegen. Die 
waren draußen schon dreimal um des Klosters Umfriedung herumgeritten 
und hatten sich mit Glimpf und Scherz des Wartens Ungeduld vertrieben. 
Abt Cralo sprach ernst: „Vernehmt des Klosters Beschluß!“ Und er 
eröffnete die Bedingung, die sie auf den Eintritt gesetzt. Da sprach Frau 
Hadwig lächelnd: „Solang' ich das Zepter führe in Schwabenland, ist 
mir ein solcher Vorschlag nicht gemacht worden. Aber Eures Ordens 
Vorschrift soll von uns kein Leides geschehen. Welchem der Brüder habt 
Ihr's zugewiesen, die Landesherrin über die Schwelle zu tragen?“ Da 
sprach der Abt: „Das ist des Pförtners Amt. Dort steht er!“ Anmutig 
sprang sie aus dem Bügel, trat auf Ekkehard zu und sprach: „So tut, 
was Eures Amtes!“ Fröhlich schritt der unter seiner Bürde über die 
Schwelle, die kein Frauenfuß berühren durfte, der Abt ihm zur Seite, 
Kämmerer und Dienstmannen folgten. Hoch schwangen die dienenden 
Knaben ihre Weihrauchfässer, und die Mönche wandellen in gedoppelter 
Reihe, wie sie gekommen, hinterdrein. Der Abt geleitete seine Gäste zu— 
erst zur Kirche.
	        
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