Full text: Lehr- und Lesebuch für weibliche Sonntags- und Fortbildungsschulen

121 
Wirtschaftslehre. 
92. Über einige wirtschaftliche Fragen. 
Der Zwang zur Arbeit liegt für den Menschen in seinen 
Bedürfnissen. Ehe er an Höheres und Edleres denken kann, muß 
für das Notwendige, nämlich für Nahrung, Kleidung, Wohnung 
und Brennmaterial, kurz für den Lebensunterhalt gesorgt sein. 
Deshalb lebt in jedem Menschen der Trieb, zunächst diese Bedürf⸗ 
nisse zu befriedigen. 
Hiezu gibt ihm die Natur die Mittel in Form von Roh— 
produkten, welche er durch Arbeit in verschiedenster Weise für sich 
nutzbringend machen kann. Indem er dies thut, verwandelt er für 
sich das rohe Naturprodukt in ein Gut, dessen Brauchbarkeit in 
dem Maße wächst, als es geeignet ist, für den Bedarf verwendet 
zu werden. 
Dadurch, daß er sich bemüht, diese Brauchbarkeit der Güter 
untereinander und im Vergleich zu seinen Bedürfnissen abzuschätzen, 
gewinnt er den Maßstab für die Beurteilung ihres Wertes. 
Neben diesem Gebrauchswert kann aber auch der Tausch— 
wert eines Gutes zur Geltung kommen, sobald der Gebrauchswert 
einer Sache mit jenem einer anderen verglichen wird. Der Mensch 
ist im täglichen Verkehr unausgesetzt mit solchen Wertschätzungen 
beschäftigt; je öfter er schätzt, desto weniger pflegt er dabei dem 
Irrtum unterworfen zu sein. Übung macht auch hier den Meister. 
Kein Gut wird gewonnen ohne Arbeit. Darunter ist aber 
nicht etwa nur die körperliche Arbeit verstanden, wenn sie auch 
zunächst ins Auge fällt. Wer gewohnt ist, körperlich zu arbeiten, 
läßt oft keine andere Arbeit gelten als die, welche Schweißtropfen 
hervorpreßt und rauhe Hände macht. Das ist weit gefehlt. Die 
geistige Arbeit ist mitunter weit schwieriger. Ohne Mühe und 
Plage kommt keine Arbeit zu stande; sie ist an und für sich kein 
Vergnügen, und davon macht auch die geistige Arbeit keine Aus— 
nahme. 
Bekanntlich wird jede Arbeit in einer bestimmten Ordnung 
gethan, und wenn sie einen gewissen Umfang erreicht, fordert sie 
auch eine entsprechende Teilung. Nur dadurch ist es möglich, 
so viel und so vielerlei zu produzieren.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.