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Steins Wirksamkeit als Oberpräsident erscheint als eine Vorbe¬ 
reitung zu den durchgreifenden Reformen, durch welche er später 
den preußischen Staat neu gestaltete. Er belebte Handel und Ge- 
werbfleiß, suchte deu Bauernstand zu heben, regelte das Forstwesen, 
sorgte für bequeme Verbindung durch Chausseen und förderte durch 
seine ganze Thätigkeit den Wohlstand der Provinz. 
Im Jahre 1804 trat Stein nach dem Tode Struensee's in das 
Ministerium ein und erhielt das Departement der indirekten Abga¬ 
ben, der Accise und Zölle, des Salzwesens, der Fabriken und des 
Handels, der Verwaltung der ©taatSfc^ulbcn, der Seehandlung und 
der Bank. Schon damals wurde es von Einzelnen anerkannt, daß 
ihm vermöge seiner vielseitigen Kenntnisse, seiner unbegrenzten Thä¬ 
tigkeit, seiner makellosen Rechtschaffenheit und vor Allem vermöge 
der unerschütterlichen Festigkeit in der Durchführung eines bestimmt 
vorgezeichneten Planes eigentlich der Platz eines ersten Ministers 
gebühre. Allein gerade wegen seines rücksichtslosen Festhaltens an 
dem einmal für Recht Erkannten, mußte er es um so härter em¬ 
pfinden, daß seine Wirsamkeit vielfach gehemmt wurde. Dennoch 
gelang es Stein, Einrichtungen durchzusetzen, welche von dauerndem 
Einflüsse auf die preußischen Verhältnisse gewesen sind. — Auf die 
auswärtige Politik vermochte er keinen Einfluß zu gewinnen; noch 
ehe der Krieg mit Napoleon zu Eude geführt war, sah sich Stein 
genöthigt, aus dem Staatsdienste zu treten. Allein mit der tiefen 
Erniedrigung Preußens durch den Frieden von Tilsit trat ein 
vollständiger Umschwung des gesummten Staatslebens ein, so daß 
uns jenes Unglück wie eine heftige Krankheit erscheint, welche den 
Körper niederwirft, um seine innere Entwicklung gedeihlich zu för¬ 
dern. Die Schlacht von Jena hatte die bisherigen Grundlagen 
des Staates wankend gemacht. Eine schnell überhand nehmende 
Noth überzeugte davon, daß es Preußen bei seinen schlagfertigen 
Truppen dennoch an einend kräftigen Bürger- und Bauernstände 
gefehlt hatte. Wollte man daher dem Staate seine erforderliche 
Festigkeit verleihen und neu ausrichten, so mußte man mit seiner- 
ganzen Vergangenheit brechen und sich einer ganz neuen Aufgabe 
zuwenden. Diese Nothwendigkeit wurde auch anerkannt. Die Kö¬ 
nigin Louise schrieb an ihren Vater: 
»Die göttliche Vorsehung leitet unverkennbar neue Weltzustände ein, 
und es soll eine andere Ordnung der Dinge werden, da die alte sich 
überlebt hat und in sich selbst als abgestorben zusammenstürzt. Wir 
sind eingeschlafen auf den Lorbeeren Friedrichs des Großen, der, der 
Herr seines Jahrhunderts, eine neue Zeit schuf. Wir sind mit der¬ 
selben nicht fortgeschritten, deshalb überflügelt sie uns.« 
Jede neue Entwicklung verlangt zu ihren Trägern neue Kräfte. 
Um die Umgestaltung des preußischen Staats zu bewirken, waren 
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