Full text: Nürnberger Fortbildungsschullesebuch

D 176 De αî 
für kormenschönheit offen steht, 
Das „Nur recht viel“ den Blick nicht trübet 
Und Kunstsinn über klachheit geht: 
Dann kehren auch die goldnen Tage 
Don einst im handwerksleben ein; 
Derstummen wird die alte kKlage, 
Umstrahlen uns des Slückes Schein. 
Das Morgenrot sieht man schon glühen 
don jenem Tag in blassem Schein; 
Bald wird's den himmel überziehen 
Und Tag dann für das handwerk sein! 
Hus „Meister Konrads Werkstatt.“ 
69. Die Arbeitsteilung. 
In Naumburg an der Saale kannte ich einen alten Bürstenmacher. 
Er hatte immer nur eine sehr kleine Auswahl auf Lager und die meisten 
Leute, wenn sie auch früher zu seiner Kundschaft gehört hatten, zogen 
ihm deshalb schon lange den in der Nähe gelegenen reich ausgestatteten 
Laden einer gröheren Bürsten- und Kammfabrik vor. Ich aber blieb 
noch immer dem Alten treu und bin ostmals auch in seine Werkstatt, 
die er gleich hinter dem ärmlichen Verkaufsraum hatte, eingetreten. 
Er machte seine Bürsten von Anfang bis Ende mit eigener Hand fertig. 
Das rohe Holz kaufste er im Walde, er zersägte die Kloben, schnitt, 
hobelte und polierte die Stücke, bis die Bürstenform allmahlich erkenn- 
bar wurde. Das war die reine Tischlerarbeit. Dann stand er wieder 
tagelang an seiner Bohrmaschine, deren Rad er mit dem linken Fub 
in Bewegung setzte um die Löcher für die Borsten zu bohren — eine 
feine und mühsame Arbeit; denn wenn die Löcher nicht sauber 
aneinander stehen, verliert die Bürste ihr Ansehen. Danach kam das 
Einsetzen der Borsten. Diese selbst Laufte er von den Bauern und 
Schlãchtern als Rohware; auch sie bedurften noch mancherlei Behand.- 
lung, ehe sie zum Verbrauch fertig waren. 
Eines Tages hatte ich Gelegenheit mir auch einmal die schon 
genannte große Burstenfabrix anzusehen. Der Geschaãftsherr war zwar 
nicht zu Hause, aber der Werkführer hatte die Freundlichkeit mir den 
Betrieb zu zeigen. Zuerst führte er mich in die Tischlerei, da wurde 
die ganze Holzarbeit besorgt. Die Leute, die dort beschãftigt wurden. 
waren gelernte Tischler, die mit der Bearbeitung des Holzes gründlich 
vertraut waren, und die nun, nachdem sie sich jahrelang der Buürsten⸗ 
fabrikation allein zugewandt hatten, einen ganz besonderen Grad der 
Fertigkeit in diesem Arbeitszweige erreicht hatten. Aus der Tischlerei
	        
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