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suchte er sich in Dichtungen. Mit 12 Jahren schon schrieb er kleine
Theaterstückẽ und geistliche Lieder. In Leipzig und Straßburg studierte
er das Recht; er wurde ein Advokat, aber sein Herz drängte ihn
bald ganz in die Laufbahn des Dichters. Als er einige Theaterstücke,
die noch jetzt von allen gern gesehen werden, geschrieben hatte, berief
ihn der kunstsinnige Herzog Karl August von Weimar an seinen
Hof. Hier bildete sich bald um den geistreichen Mann ein Kreis von
Dichtern und kunstverständigen Männern, zu welchen sich später auch
Herder und Schiller gesellten. In diesem Kreise wurden Goethes und
Schillers Dichtungen zuerst vorgelesen und dann auf der Bühne dar—
gestellt. Ein inniger, neidloser Freundschaftsbund verknüpfte die
beiden Geisteshelden, deren Ruhm bis in die fernsten Zeiten strahlen
wird. Goethes Meisterwerke sind betitelt: Götz von Berlichingen,
Iphigenie, Egmont, Tasso, Faust (Dramen); Hermann und
Dorothea (ein Epos). Leider wurde Schiller durch die Hand des
Todes zu früh von seiner Seite gerissen; er überlebte ihn 27 Jahre
und wurde noch Minister des zum Großherzoge ernannten Karl August.
Im 83. Jahre, aber noch vollkommen gesund und geistig frisch, starb
er, wie ein Dichterfürst hochgeehrt von aller Welt, am 22 März 1832.
Seine letzten Worte waren: „Mehr Licht!“ Die sterbliche Hülle ruht
in der Fürstengruft zu Weimar neben Schiller und Karl August.
Goethe hat in allen Dichtungsarten Herrliches geschaffen; seine
Werke sind klassisch, d. h. Muster und Vorbilder für alle Zeiten.
Erinnere dich an: Der Sänger Oberst. 89), Der Erlkönig Oberst. 239)
Johanna Sebus (Oberst. 234), Heidenröslein Mittelst. 136)1 — LVies in diesem
Buche: Der Schaßzgräber (Nr. 36), Die kluge Hausfrau (Nr. 40)! — LVies: Her⸗
mann und Dorothea! — Lies und sich gelegentlich Goethes Dramen!
3. Friedrich Schiller wurde am 10. Nov. 1759 im Städtchen
Marbach in Würltemberg geboren. Sein Vater, ein strenger Mann,
war früher Wundarzt gewesen, im siebenjährigen Kriege aber Haupt—
mann geworden. Er war im Kriege, während der schwächliche, blau—
äugige und rotlockige Knabe seine ersten Jugendjahre im großelterlichen
Hause verlebte. Seine Mutter, eine sinnige Frau, weckte früh seine
Phantasie durch anregende Erzählungen. In Ludwigsburg, wo er die
lateinische Schule besuchte, sah er am Hofe des Herzogs Karl Eugen
oft Schauspiele. Das regte ihn schon in früher Jugend dazu an,
selbst kleine Trauerspiele zu dichten und darin die Helden der Welt—
geschichte auftreten zu lassen.
Schiller wünschte Pfarrer zu werden, aber der Herzog, dessen
Wille als Befehl galt, zwang ihn, auf der Karlsschule Medizin zu
studieren. In dieser Schule herrschte militärische Zucht und Strenge.
Nur heimlich konute er die Werke früherer Dichter studieren und seine
eigenen Dichtungen seinen Mitschülern vorlesen.
Als er seine Prüfung löblich bestanden hatte, wurde er Chirurg.
Jetzt vollendete ex ein großes Theaterstück. Die Räuber“, das in
Maͤnnheim aufgeführt wurde und großen Beifall fand; aber der