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goldnen und einen silbernen Tragsessel, welche auf glänzenden
Stäben von Ebenholz ruhten. Auf den goldenen Tragsessel mußte
sich der Bruder, auf den silbernen die Schwester setzen. Langsam
und feierlich bewegte sich der Zug durch den Wald bis zu einem
Berge, auf dem mächtige, uralte Tannen standen. Am Fuße dieses
Berges öffnete sich eine weite Höhle, in der unzählige Lichter
brannten. Da hinein ging es dann durch einen langen Gang
weiter, bis sich endlich eine große, himmelhohe Halle auftat, in der
es so hell war wie am Tage. Mitten in der Halle stand ein goldnes
Schloß, viel schöner als es der kleine König im Traum gesehen hatte.
3. Hier nun stiegen die Geschwister von ihren Stühlen und
schritten, von den kleinen Männern begleitet, auf Stufen aus Berg-
kristall zu dem Portal des Schlosses empor. Die Türflügel sprangen
auf, und die kleinen Männer führten die Geschwister in einen Saal,
in dem zwei Thronsessel, der eine wieder ganz von Gold, der andre
von Silber standen. Vier Löwentatzen bildeten die Füße des gold¬
nen Thrones, statt der Lehne aber diente ein großer, kunstvoll ge¬
arbeiteter Adler, der seine schimmernden Flügel weit ausbreitete.
Der silberne Thron dagegen wurde von vier silbernen Lilien ge¬
tragen, und seine Lehne bestand aus einem silbernen Schwan. Auf
den ersten Thron setzte sich der Bruder und auf den zweiten die
Schwester. Kaum war dieses geschehen, so ging ein leises Geflüster
durch den Saal, und dann zogen die kleinen Männer an dem Throne
vorüber, verneigten sich tief und riefen mit lauter Stimme: „Hoch
lebe unser König, Wichtel der Erste!“ Bei diesem Rufe aber fuhr
der König zornig empor und sprach: „Ich heiße nicht Wichtel, ich
heiße Fritz, fragt nur meine Schwester, die weiß es so gut wie ich.“
Die Schwester nickte beistimmend, der kleine Mann aber, der die
Kinder im Walde zuerst begrüßt hatte, trat vor den Thron, ver¬
neigte sich tief und sagte ehrerbietig: „Verzeihen Ew. Majestät
gnädigst, wenn ich mir zu bemerken erlaube, daß von diesem Tage
an Ew. Majestät nicht mehr Fritz, sondern Wichtel der Erste heißen;
denn von heute an sind Ew. Majestät der König aller Wichtel¬
männer.“ — „Wenn dem so ist,“ sagte König Wichtel gnädig, „so
will ich mir's gefallen lassen.“ Kaum hatte er das gesagt, so trat
ein kleiner Mann vor den Thron, der trug einen Stab mit einem
großen Knopf in der Hand und meldete, die Tafel sei angerichtet.
„Freut mich,“ sagte König Wichtel, „denn ich habe großen Hunger.“
Da tat sich eine goldne Flügeltür auf, und eine lange Tafel wurde
sichtbar, die mit herrlich duftenden Speisen besetzt war. Der König
und seine Schwester stiegen von dem Throne und nahmen oben an
der Tafel Platz, und dann setzten sich auch die Wichtelmänner.