So erbaute sich Maria Paulowna in dieser Einrichtung der
Frauenvereine ein Denkmal, dauernder als Erz und Stein. Sie
bildeten die erste Grundlage, aus der sich später die vaterländischen
Frauenvereine Deutschlands hervorarbeiteten und unter der Ober—
leitung der Tochter Maria Paulownas, der Kaiserin Augusta von
Deutschland, zu der Großartigkeit entwickelten, daß sie nicht nur
Deutschland, sondern auch Europa dienten. Nach F. Bornhal.
154. Kindheitserinnerungen
an Prinzessin Augusta von Weimar.
Als kleines, dreijähriges Mädchen brachte mich meine Mutter
zum erstenmal nach Belvedere, dem Sommeraufenthalt Maria Pau⸗
lownas, damit ich mit den Prinzessinnen Marie und Augusta spielen
sollte. Ich war mit Augusta in gleichem Alter und sollte von
nun an in fast geschwisterlichem Verhältnis neben ihr aufwachsen.
Prinzeß Augusta war ein schönes Kind mit früh entwickeltem,
energischem Charakter. Sie zeigte eine eiserne Ausdauer, die durch
klaren Kopf und leichte Auffassung unterstützt wurde; sie war wie
ein Bienchen, das aus jeder, auch der unscheinbarsten Blüte sich das
Süßeste holte. Früh schon entwickelte sich in ihr jene weiblichste
Tugend, das Mitleid, die sich aber nie in Klagen und Tränen
äußerte, sondern, geleitet von der Mutter, zur praktischen Tatkraft
wurde. Wir besuchten oft zusammen unsere Armen und mußten
daher nicht selten hören, daß wir im Gefühlsübermaß zu viel getan
hatten oder ihnen statt Arbeit, Kleidung und Nahrung Geld ge—
geben hatten, das nur zu bald wieder ausgegeben war und zur
Trägheit führte, während Anleitung zur Selbsthilfe die beste Armen—
gabe ist.
Mit ihren klugen Augen sah sie die Menschen fragend und
forschend an; unwillkürlich gab ihr jeder sein Bestes. Auch Goethe
stand im Bann dieser Augen; er war leicht steif und zugeknöpft,
niemals aber Karl Augusts Enkeln gegenüber. Kamen sie zu ihm,
was häufig geschah, so hatte er immer neue, interessante Dinge zu
zeigen und zu erklären, den Kindern Bilder und geschnittene Steine,
den Heranwachsenden Bücher und Kunstwerke. Prinzeß Augusta
trug früh schon das größte Verlangen, seine Werke zu lesen und
sprach ihm davon. Er wählte lange, ehe er ihr ein Buch nach
dem andern in die Hand gab. Rührend war es, wie er auch für
ihr körperliches Wohl besorgt war, wie er sich der Ausführung
251