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Um den Landbau zu fördern, erließ er besondere Verordnungen.
Hatte ein Bauer oder Kossät nur zwei Söhne, so durfte keiner von beiden
ein Handwerk lernen, vielmehr mußten sich beide dem Ackerbau widmen
und zwar in der Art, daß der eine nach dem Tode des Vaters das
väterliche Gut, der andere eine verwüstete Landschaft übernahm. Dem
letzteren wurde das nötige Bauholz unentgeltlich angewiesen und auf
eine Reihe von Jahren Steuerfreiheit gewährt. Jeder Bauer wurde an—
gehalten, bei seinem Hause einen Garten anzulegen, und keinem jungen
Landmann wurde die Erlaubnis zum Heiraten erteilt, wenn er nicht
zuvor mindestens ein Dutzend Obstbäume angepflanzt hatte.
Eine treue und sachverständige Gehilfin in diesen Bestrebungen fand
der Kurfürst in seiner Gemahlin Luise Henriette von Oranien. Sie
zeigte sich als echte Holländerin und wurde dem verwahrlosten Volke
der Märker eine Lehrmeisterin der Milchwirtschaft, des Garten- und
Gemüsebaues. Dicht am fürstlichen Schlosse zu Kölln an der Spree,
wo sich heute der Lustgarten mit seinen Springbrunnen, Blumenanlagen
und Denkmälern ausbreitet, legte die Kurfürstin einen ergiebigen Küchen—
garten an, in welchem u. a. auch die erste deutsche Kartoffel gezogen
wurde. Unweit davon, am jenseitigen Ufer der Spree, wo später das
Schloß Monbijou gebaut wurde, entstand eine Molkerei nach holländischem
Muster, welche die Kurfürstin oft besuchte, um die Arbeiten daselbst zu
beaufsichtigen. Bekannt ist, daß sie das Domänengut Bötzow an der
Havel, das sie samt dem alten Jagdschlosse von ihrem Gemahl zum
Geschenk erhielt, das spätere Oranienburg, zu einer holländischen Muster—
wirtschaft umwandeln ließ. Wie sich die Fürstin um deren Verwal—
tung auf das sorgfältigste kümmerte, geht aus ihren Briefen hervor, die
sie von Preußen aus an den Geheimen Rat Otto von Schwerin schrieb.
„Ich bin recht böse,“ heißt es darin, „daß meine Kühe in so schlechtem
Zustande sind; ich kann es nicht verstehen; denn im Tiergarten zu Berlin
haben sie dasselbe Futter und sind recht schön. — Was den Karpfen—
teich betrifft, so bin ich ganz eingenommen davon und glaube, daß man
ringsherum Bäume pflanzen kann. Ich bitte Sie, im Frühjahr noch
mehr Karpfen in den großen Weiher setzen zu lassen und mir zu schreiben,
ob der Streichteich gemacht worden ist. — Ich sehne mich unbeschreiblich
danach, alles zu sehen.“
Die Kurfürstin Luise gründete auch das Bruchdorf Neuholland, um
die holländische Viehzucht in die Mark zu verpflanzen. Ganz dem Wohle
des Landes lebend, löste sie die verpfändeten fürstlichen Domänengüter
wieder ein und bereicherte die Schatzkammer mit ihrem kostbaren Geschmeide.
Aber nicht bloß um Küche und Garten, um Feld und Viehstand kümmerte
sich Luise, sondern auch um eine bessere Erziehung der Jugend. Das
Waisenhaus in Oranienburg zeugt von ihrem wohltätigen Walten. Mit
unbeschreiblicher Liebe hing bald das Volk an der edlen Fürstin. Ihr