Erzählungen
16. Vas Wittageslen im k)ok. von peter i^cbcu
Werke. Ausgabe in 3 Bänden. 2. Band. Karlsruhe 1847. S. 17.
VTlsJ-an klagt häufig darüber, wie schwer und unmöglich es sei, mit
JJ l manchen Menschen auszukommen. Das mag denn freilich auch
wahr sein. Indessen sind viele von solchen Menschen nicht schlimm,
sondern nur wunderlich, und wenn man sie nur immer recht kennte, in¬
wendig und auswendig, und recht mit ihnen umzugehen wüßte, nie zu
eigensinnig und nie zu nachgebend, so wäre mancher wohl und leicht
zur Besinnung zu bringen. Das ist doch einem Bedienten mit seinem
Herrn gelungen. Dem konnte er manchmal gar nichts recht machen und
mußte vieles entgelten, woran er unschuldig war, wie es oft geht. So
kam einmal der Herr sehr verdrießlich nach Hause und setzte sich zum
Mittagessen. Da war die Suppe zu heiß oder zu kalt oder keines von
beiden; aber genug, der Herr war verdrießlich. Er faßte daher die
Schüssel mit dem was drinnen war, und warf sie durch das offene
Fenster in den Hof hinab. Was tat der Diener? Kurz besonnen warf
er das Fleisch, welches er eben auf den Tisch stellen wollte, mir nichts
dir nichts der Suppe nach, auch in den Hof hinab, dann das Brot,
dann den Wein, und endlich das Tischtuch mit allem, was noch darauf
war. „Verwegener, was soll das sein?" fragte der Herr und fuhr mit
drohendem Zorn von dem Sessel auf. Aber der Bediente erwiderte
kalt und ruhig: „Verzeihen Sie mir, wenn ich Ihre Meinung nicht er¬
raten habe. Ich glaubte nicht anders, als Sie wollten heute in dem
Hofe speisen. Die Luft ist so heiter, der Himmel so blau, und sehen
Sie nur, wie lieblich der Apfelbaum blüht, und wie fröhlich die Bienen
ihren Mittag halten!" — Diesmal die Suppe hinabgeworfen und
nimmer! Der Herr erkannte seinen Fehler, heiterte sich im Anblick des
schönen Frühlingshimmels aus, lächelte heimlich über den schnellen Einfall
seines Aufwärters und dankte ihm im Herzen für die gute Lehre.
17. ver zornmütige Einsiedler. von yeinriä, eaipari.
Geistliches und Weltliches. 5. Auflage. Erlangen 1858. 8. 439.
$Y^or alters lebte ein Mann, der war sehr aufbrausend und schnell
zum Zorn, und wenn er zornig gewesen, gereute es ihn wieder.
Da dachte er: „Das kommt von den bösen Menschen, ließen mich die
in Frieden, würd' ich auch wohl sanftmütig sein. Ich will lieber fort¬