35 Als der Wagen mit Maultieren bespannt vor der Tür stand,
holte Nausikaa die Wäsche und legte sie hinauf. Die Mutter gab
Brot und Zukost mit und in einem kleinen Schlauche roten Wein.
Auch fügte sie ein goldnes Fläschchen mit feinem Öl hinzu, denn
nach der Arbeit liebten es die Mädchen, im Flusse zu badepl
40 und sich dann zu salben. L >!
Nausikaa stieg auf den Wagen und ergriff Zügel und Peitsche;
sie fuhr davon, die Mägde folgten zu Fuß.
2.
Die Waschgruben waren an einem Flusse, wo Odysseus tags
vorher ans Land geworfen worden war, unfern des Waldes, wo
er jetzt in einem Haufen dürrer Blätter schlief. Das Wasser strömte
beständig auf einer Seite in die Grube hinein, auf der andern
5 hinaus.
Dort angelangt, spannten die Mägde die Maultiere aus und
ließen sie auf dem Grase weiden. Die Wäsche nahmen sie vom
Wagen und brachten sie in die Gruben, und nachdem sie die San¬
dalen abgelegt und ihre Kleider hochgeschürzt hatten, stiegen sie
io ins Wasser und sprangen munter auf der Wäsche herum, bis sie.
völlig gesäubert war. Darauf breiteten sie sie zum Trocknen am
Meere aus, wo eine Menge kleiner wohlausgewaschner Stein-
chen lag.
Nun hatten sie freie Zeit, sie badeten und salbten sich, aßen
15 und tranken, und wandten sich zuletzt zum Ballspiel, das schon
damals beliebt war. In weitem Kreise standen sie umher, die
Bälle flogen von einer zur andern, und dazu wurde gesungen.
3.
. . •
Die Göttin Athene wollte nun, daß Odysseus erwachte und
zu den Mädchen käme, die ihn nach der Stadt mitnehmen sollten.
Darum ließ sie einen Ball, den Nausikaa warf, fehl gehn und
ins Wasser fallen.
5 Die Mädchen lachten und schrien laut auf, wie es beim Spiel
zu geschehn pflegt, und davon erwachte Odysseus und erkannte,
daß es Mädchenstimmen waren. Er erhob sich aus dem Blätter¬
haufen und beschloß, die Mädchen um gastliche Aufnahme zu bitten;
er war aber ganz ohne Kleider, daher brach er einen stark belaubten
io Baumzweig ab und brauchte ihn als Schurz.