Full text: [Teil 1 = 2. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 1 = 2. Schuljahr, [Schülerband])

20 deine gute Mutter freute, als du ihr das erste Mal in die 
Augen hineinlächeltest. Sie rief deinen Vater und deine 
Brüder und die Köchin herbei, sie mußten es alle sehen, daß 
du lächeltest. Geweint hast du viel. So oft du aber weintest, 
kam auch gleich deine liebe Mutter ängstlich gesprungen und 
25 deckte dich wieder von neuem zu oder wiegte dich oder gab 
dir zu trinken oder zu essen oder nahm dich auf den Arm. 
Viele hundertmal hast du sie mit deinem Geschrei mitten in 
der Nacht geweckt. Und da ist sie allemal gleich aufgestanden 
und hat nachgesehen, ob dir etwas fehle. Warst du einmal 
30 krank, da ist sie gar nicht zu Bette gegangen, sondern hat sich 
neben die Wiege gesetzt und hat daselbst gewacht die ganze 
Nacht. Ward sie einmal müde, da hatte sie sich die Augen 
gerieben, um ja nicht einzuschlafen. So lieb hat sie dich." 
„Ach, die gute Mutter!" versetzte Liddy. „Aber sage 
35 mir nur noch, alte, gute Wiege, was ich den ganzen Tag 
dachte, da ich noch nicht sprechen konnte." „Du dachtest noch 
gar nichts", erwiderte die Wiege. ,,Du fühltest nur, wenn 
du Hunger oder Durst hattest, und dann schriest du eben. 
Deine Mutter dachte aber desto mehr, wenn sie neben dir saß 
4ound dir so still in das schlafende Gesichtchen hineinschaute. 
Sie dachte: „Ach, wenn doch nur aus meiner kleinen Liddy 
ein gutes, frommes Kind, ein guter, frommer Mensch würde, 
an dem der liebe Gott seine Freude haben kann! Dann will 
ich alle Sorgen und Mühen, die ich mit ihr habe, um sie 
45 groß zu ziehen, gern vergessen. Lieber Gott, laß mich diese 
Freude erleben!"" %xm M-dem-mn. 
12. Das CrslnenkrDglein. 
:s waren einmal eine Mutter und ein Kind, und die 
Mutter hatte das Kind, ihr einziges, lieb von ganzem 
Herzen lind konnte ohne das Kind nicht leben und nicht sein. 
Aber da sandte der Herr eine große Krankheit, die wütete 
s unter den Kindern und erfaßte auch jenes Kind, daß es auf
	        
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