Full text: Belehrungen über wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen

Athen. 
39 
schützten die Bundesgenossen gegen persische Angriffe und Unter¬ 
werfung, dafür gebührte ihnen ein Lohn. 
Fr.: Waren jene Soldzahlungen schon geradezu ein festes, 
persönliches Gehalt? — A.: Nein, es waren diese Zahlungen Tag 
für Tag berechnet als Entgelt für die dem Gemeinwesen auf diese 
oder jene Weise gewidmete Zeit. 
Fr.: Giebt es Ähnliches heute? — A.: Die Zeugengebühren, 
die Diäten der Landtagsabgeordneten. 
Fr.: Inwiefern ging der attische Staat ferner noch, ganz im 
Geiste unseres Jahrhunderts, über das damalige staatliche Wirken 
hinaus? — A.: Man zahlte dauernd arbeitsunfähigen Bürgern eine 
Pension, desgl. den Familien Gefallener, man unterstützte Witwen und 
Waisen. Der Staat trat also für die Armen und Unglücklichen ein. 
Fr.: Welche Folge hatten die Tagegelder-Zahlungen für die 
Athener der unteren Klassen? — A.: Sie waren eher in den 
Stand gesetzt, sich mehr mit dem Staatsleben zu beschäftigen. 
Fr.: Ist dies ein Gewinn für den Staat? A.: Ja, wenn 
viele tüchtige Männer darunter sind; sonst ist es ein Schaden, 
zumal viele hierdurch das Interesse für ihre Berufsarbeit verlieren 
und somit ihr Geschäft vernachlässigen. 
Fr.: Wie stand es nun mit dev Schätzung der körperlichen 
Arbeit in Athen? — A.: Weil die Verfassung demokratisch war, 
galt sie höher als in Sparta, aber man sah doch auf sie herab, 
man überliefs sie gern Armen und Sklaven. 
Fr.: Es ist vielfach behauptet worden, dafs durch die demo¬ 
kratischen Neuerungen eine Entartung der Verfassungsverhältnisse 
Athens verursacht sei. Ist dies wirklich der Fall gewesen? 
A,: Ja, zuweilen wenigstens. Denn mitunter wurde aus der 
Demokratie, in der das Gesetz herrscht, Willkürherrschaft der 
Massen, die sich über das Gesetz zu setzen suchten. 
Ein Beispiel hierfür! — A.: Die Geschichte des Arginussen- 
prozesses 406. 
Fr.: Also in normalen Zeiten hervorgegangen? — A.: Nein, 
in der Zeit des schweren Krieges. 
Kennzeichnen Sie kurz die Sachlage! — A.: Die Feldherrn 
hatten nach dem Siege zweien ihrer Kollegen den Auftrag gegeben, 
die Schiffbrüchigen zu retten; es war dies aber des hohen Wogen¬ 
ganges wegen unmöglich. Trotzdem wurden die sechs Feldherrn, 
die sich gestellt hatten, vor das Volk gestellt und hingerichtet. 
Gerade dem schuldigsten Manne, Theramenes, gelang es, durch 
seine Ränke und den Beistand seiner Partei, der Oligarchen, sich 
zu sichern. Er war gerade einer der beiden Feldherrn gewesen, 
denen der Auftrag zur Rettung von den ändern gegeben war. 
Dennoch hatte er besonders die Anklage eifrig betrieben.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.