Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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78. Die Nordamerikaner. 
Nächst London ist New-York auch die erste Handelsstadt der 
gebildeten Welt; denn selbst Liverpool bleibt in seinem Verkehre 
einseitiger und weniger anziehend und lehrreich. Überhaupt sind die drei 
fortschrittseifrigsten, die moderne Kultur vorzugsweise darstellenden Haupt— 
städte der Welt gegenwärtig London, Paris und New-York; aber 
auch sein erschreckliches Proletariat hat New-York bereits, wie London 
und Paris. Doch hat die Armut in New-York nicht so viel Gefähr— 
liches, wie in Paris, weil in Amerika die Lust am Erwerb und auch 
die Leichtigkeit des Erwerbs größer ist, und mancher Verkommene, wenn 
er sich nur aufraffen will, es zum reichen und angesehenen Mann 
bringen kann und gebracht hat. Im ganzen ist auch die Wohlhäbigkeit 
viel bedeutender, als in den großen Städten der Alten Welt. Jeder ist 
Herr und strebt, es zu sein; Arbeit und Erwerb ist der einzige Adel, 
aber nur in dem Maße, als sie Geld einbringen und zur Freiheit und 
Selbständigkeit führen; denn jeder will „sein eigener Herr“ sein. 
Gach; Fr. Raumer, Die Vereinigten Staaten von Nordamerika: Graf Görz, Reise um die Welt 
Fr. Löher, Geschichte und Zustände der Deutschen in Amerika.) 
78. Die Nordamerikaner. 
Dieses Volk beherrscht, bearbeitet, durchfliegt ein Land, fast so groß 
als ganz Europa, zehnmal reicher an fruchtbarem Acker, Eisen und 
Kohlen, — voll der Produkte der Tropenländer im Süden, der Manu— 
fakturen im Norden, der Fischereien an den Küsten, der Weizenfelder 
und Bergwerke, der Waldungen und der Prärien im Innern, gelegen 
mitten zwischen den zwei großen Weltmeeren, durchschnitten endlich von 
gewaltigen Strömen, den herrlichsten Handelsstraßen, deren Zahl täglich 
durch Eisenbahnen und Kanäle vermehrt wird. In diesem so ungeheuern 
reichen und wohlgelegenen Gebiete gilt eine Staatsverfassung, welche 
darauf angelegt ist, nicht allein niemand in seiner natürlichen Freiheit 
zu beschränken, sondern auch jedermann anzuregen, daß er seine Kräfte 
anspornt, um Reichtum und Geltung zu erwerben. Der Nationalgeist, 
der das gesamte Volk beseelt, ist selbstsüchtig, eroberungstüchtig, zu— 
fahrend auf jegliches, was dem Volk Bereicherung und Machtvermehrung 
verheißt. In keinem andern Volk ist auch das Handelstalent so ent— 
wickelt. Schon die Kinder feilschen und handeln miteinander in einer 
Weise, die in Deutschland für unsittlich oder doch für unanständig gelten 
würde. Sobald unter den Farmern ein Knabe fähig ist, selbst etwas 
Geld zu verdienen, wird er dazu angespornt und muß für seinen Gewinn 
sich selbst Hut und Schuhe kaufen. Rasch rechnen zu können und pfiffig 
zu sein, wird bei einem Knaben höchlich gelobt und als günstiges 
Vorzeichen für dessen Zukunft den Freunden und Nachbarn erzählt.
	        
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