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99. Der Handel der Alten WVelt.
Gasse, zumal vor Gericht, war das Tragen derselben verboten. Auf Reise
und Fahrt ging dagegen jedermann bewehrt. Jede Zunft war im Besitz
eigener Banner und Zeughäuser. Die Zunftmeister waren die Führer gegen
den Feind. Als Waffe, die am geeignetsten sich der Faust des Zünftlers
bot, hatte das 13. Jahrhundert die Armbrust, deren Erfindung dem Morgen—
lande gehört. Die Bürger gebrauchten sie mit schrecklichem Nutzen von den
Zinnen ihrer Städte. Es entstanden die Schützenbilden der Kaufleute und
Handwerker. Braunschweig ging in der Ausbildung des Schützenwesens
voran. Dort gab es schon im Jahre 1268 eine Schützenstraße, und das
Armbrustschießen nach dem Vogel auf hoher Stange blieb noch lange neben
dem Feuerrohr in Anwendung. Mit Freudenspielen mancherlei Art ergötzte
sich die Bürgerwehr. So baten die Magdeburger den tapfern Bruno von
Stövenbeck, ein recht besonderes Freudenspiel zu ersinnen. Herr Bruno lud
darauf mit seinen wohlgesetzten Briefen die Kaufherren von Goslar, Hildes⸗
heim, Braunschweig, Quedlinburg, Halberstadt und andere Nachbarn zu
Pfingsten nach Magdeburg. Alsbald fanden die Geladenen sich zahlreich ein,
die Goslarer mit verdeckten Rossen, die Braunschweiger in Grün, andere in
besonderer Rüstung und Kleidung. Mit Speeren wurden die Gäste von
Gewappneten empfangen, indem sie nicht ohne Strauß einziehen wollten.
Inzwischen erhoben sich auf einer Insel in der Elbe Zeltreihen, und auf
Schilderbäumen wurden die Wappenschilder aufgehängt. Folgenden Tags
nach Messe und nach Mittagsmahl zog man hinaus und erlaubte jedem
Fremden, den Schild dessen zu berühren, mit dem er kämpfen wollte. Ein
alter Kaufmann aus Goslar verdiente den schwer erworbenen Kampfpreis.
Bei all dem heitern und fröhlichen Leben war aber jene Zeit nicht frei
von Roheit und Grausamkeit. Die Judenverfolgungen, die Räubereien, die
blutigen Hinrichtungen, die grauenvollen Hungersnöte, die Verheerungen
der Seuchen und manches andere sind Schattenseiten jener Zeit.
(Fr. Wilh. Barthold, Geschichte d. deutschen Städte u. d. d. Bürgerwesens.)
99. Der Handel der Alten Welt.
Der ursprüngliche Handel der Alten Welt war Landhandel und blieb
es der Hauptsache nach bis zur Entdeckung Amerikas. Das Mittelmeer
von den Säulen des Herkules bis an das Ende des Schwarzen Meeres ist
der vornehmste Schauplatz der alten Handelsthätigkeit. Nur etwa noch
jenseit des ägyptischen Isthmus im arabischen, desgleichen im persischen
Meerbusen bis zu den Küsten Vorderindiens kann von einem Seehandel
die Rede sein; ein Blick auf die Karte aber lehrt, daß er auch dort nur
Küstenschiffahrt sein konnte.
Europa, wo sich heutzutage der Welthandel konzentriert, erscheint in
dieser Periode sehr untergeordnet. Nur etwa Spanien macht davon eine
Ausnahme, dessen edle Metalle ihren Markt überall fanden. Auch ist der
geringe Umfang zu beachten, welchen das damals bekannte Europa hatte.
Die Pyrenäen- und Alpenkette bildete so ziemlich die Grenze, über welche