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um so interessanter schien. Während meine Begleiter auf den Hexen¬
altar kletterten, auf dem das Feuerwerk angezündet war, zeichnete
ich bei der Flüchtigkeit der Beleuchtung die Hauptlinien der Höhle
zur Erinnerung.
7. Die Grubenlichter wurden wieder angezündet, und der
Führer geleitete uns noch in die zweite, dritte und vierte Abteilung,
die in ihren Grotten und Wölbungen nicht weniger seltsame Natur¬
spiele aufweisen. Um den Eindruck bei bengalischer Erleuchtung
noch zu erhöhen, hatte sich in einiger Entfernung ein Männer¬
quartett aufgestellt, das uns wohl vorausgegangen war, und dessen
Töne dort unten zwischen dem nassen Gestein und in der aben¬
teuerlichen Umgebung ihre Wirkung nicht verfehlten. Die Töne
klangen wie in einem mächtigen Dome, und vielfach wiederholte
das Echo den Schlußrefrain des Liedes: „Tief unter der Erd'!"
8. Auf die Besichtigung der weiteren drei befahrbaren Höhlen
verzichteten wir, wie viel Interessantes uns der Führer auch von
ihnen versprach. Bei dem trüben Schein der Grubenlichter traten
wir den Rückzug an und schritten der Sonne, dem hellen Himmels¬
lichte entgegen, das wir so lange entbehrt. Aßmus.
103. Cornelia und ihre Söhne. 133—121 v. Chr.
1. Cornelia, eine der edelsten Frauen Roms, hatte ihren
Gemahl frühzeitig verloren und ihre ganze Sorgfalt der Erziehung
ihrer Kinder gewidmet. Zehn Kinder entriß ihr der Tod; Tiberius,
Casus und Sempronia blieben am Leben.
2. Cornelia ließ ihre Kinder von den besten Lehrern unter¬
richten und war bemüht, die herrlichen Anlagen derselben zu ent¬
wickeln. Gar oft erzählte sie, insbesondere den aufmerksamen Knaben,
von den Taten ihres Großvaters Scipio und drückte ihnen nicht
selten den Wunsch aus, sie möchte es viel lieber hören, wenn man
sie die Mutter der Gracchen, als die Schwiegermutter des Scipio
nenne. Einst erhielt sie Besuch von einer vornehmen Dame, welche
ihr die herrlichsten Schmucksachen und Kostbarkeiten zeigte. In dem
Augenblicke, als Cornelia ihre Schätze zeigen sollte, traten Tiberius
und Casus herein; rasch nahm die edle Mutter an jede Hand einen
Sohn und sprach mit freudigem Stolze: Das sind meine einzigen
und größten Schätze!" Nößelt.