288
sieben Zwerge sah, erschrak es. Sie waren aber freundlich und
fragten: „Wie heißt du?" „Ich heiße Sneewittchen," antwortete
es. „Wie bist du in unser Haus gekommen?" sprachen weiter
die Zwerge. Da erzählte es ihnen, wie es seine Stiefmutter hätte
wollen umbringen, der Jäger ihm aber das Leben geschenkt; und
da wäre es gelaufen den ganzen Tag, bis es endlich ihr Häuslein
gefunden. Die Zwerge sprachen: „Willst du unsern Haushalt
versehen, kochen, betten, waschen, nähen und stricken, und willst du
alles ordentlich und reinlich halten, so kannst du bei uns bleiben,
und es soll dir an nichts fehlen." Das versprach ihnen Snee¬
wittchen. Da hielt es ihnen haus. Morgens gingen sie in die
Berge und suchten Erz und Gold, Abends kamen sie nach Haus,
und da mußte ihr Esten bereit sein. Den Tag über war das
Mädchen allein; da warnten es die guten Zwerglein und sprachen:
„Hüt' dich vor deiner Stiefmutter, die wird bald wissen, daß du
hier bist, und laß niemand herein."
3.
Die Königin aber, nachdem sie Sneewittchens Lunge und Leber
glaubte gegesien zu haben, dachte nichts anders, als wieder die Erste
und Allerschönste zu sein, und trat vor ihren Spiegel und sprach:
„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die Schönste im ganzen Land?"
Da antwortete der Spiegel:
„Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier;
aber Sneewittchen über den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist noch tausendmal schöner als Ihr."
Da erschrak sie, denn sie wußte, daß der Spiegel keine Un¬
wahrheit sprach, und merkte, daß der Jäger sie betrogen und
Sneewittchen noch am Leben war. Und da sie hörte, daß es über
den sieben Bergen bei den sieben Zwergen war, sann sie aufs
neue, wie sie es umbringen wollte; denn solange sie nicht die
Schönste war im ganzen Land, ließ ihr der Neid keine Ruhe. Und
als sie lange nachgedacht hatte, färbte sie sich das Gesicht und
kleidete sich wie eine alte Krämerin an und war ganz unkenntlich.
In dieser Gestalt ging sie über die sieben Berge hinaus zu dem
Zwergenhaus, klopfte an die Türe und rief: „Gute Ware feil!
feil!" Sneewittchen guckte zum Fenster hinaus und rief: „Guten