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Majestät," erwiderte der Page, indem er vor ihm auf die Knie
fiel, „man will mich unglücklich machen, ich weiß von diesem Gelde
nichts!" — „Ei," sagte der König, „wem es Gott gibt, dem gibt
er's im Schlafe. Schick's nur deiner Mutter, grüße sie und ver¬
sichere ihr, daß ich für dich und sie sorgen werde." Kugier.
226. Seltene Uneigennützigkeit.
(1756-1763.)
In dem siebenjährigen Kriege, der Deutschland verheerte,
ward ein Rittmeister befehligt, Futter herbeizuschaffen. Er begab
sich an der Spitze seiner Mannschaft nach der ihm angewiesenen
Gegend, einem einsamen Tale, wo man nichts als Buschwerk er¬
blickte. Er ward indes einer armseligen Hütte ansichtig, pochte an,
und es trat ein alter Mann mit einem eisgrauen Kopfe heraus.
„Vater," redete ihn der Offizier an, „zeiget mir ein Feld, wo meine
Leute Futter holen können." „Gleich," erwiderte der Alte, bot sich
zum Wegweiser an und führte die Soldaten das Tal hinab. Nach¬
dem sie etwa eine Viertelstunde marschiert waren, trafen sie ein
schönes Gerstenfeld an. „Das ist es, was wir suchen," rief der
Rittmeister. „Noch einen Augenblick Geduld," sagte der Greis,
„und Sie sollen befriedigt werden." Sie marschierten also weiter
und gelangten nach einiger Zeit bei einem andern Gerstenfelde an.
Die Reiter stiegen von den Pferden, mähten das Feld ab, banden
die Gerste auf die Pferde, saßen wieder auf und ritten davon.
Darauf sagte der Rittmeister zu seinem Führer: „Guter Vater,
Ihr habt uns unnötigerweise weiter ziehen lassen; das erste Feld
war besser als dieses." „Das kann wohl sein," sagte der Alte,
„aber es gehört nicht mir." Caspari.
227. Wie schön leuchtet der Morgenstern.
1. Wir waren wohl oft in großer Angst und Not (erzählt
ein armer Dorfschulmeifter in Schlesien), wenn wir im sieben¬
jährigen Kriege auf jenen Anhöhen die Österreicher, hier in den
Schluchten unsere Preußen schlagfertig stehen sahen. Weder Pferd
noch Kuh, weder Milch noch Brot gab es in unserm Dörfchen mehr.
Fast in jeder Nacht hörten wir die Kanonen donnern, und mit