Die alte Spitzenklöpplerin. 
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99. Die alte Spitzenklöõpplerin. 
„Vor ihrem Häuschen, das etwas abseits vom Dorfe stand, saß um die 
Mittagszeit im warmen Sonnenschein die alte Weber-Mienel und klöppelte. 
Sie hatte den Kopf mit dem dünnen, weißen Scheitel so tief über ihre Arbeit 
gebeugt und war so eifrig dabei, daß sie den Schatten gar nicht bemerkte, der 
auf einmal von rückwäris über ihren Klöppelsack fiel; und auch als sie von 
derjenigen, die den Schatten verursacht hatte, ihrer etwas jüngeren Nachbarin, 
angeredet wurde: „Nu, Mienel, immer noch su flessig?“ hörte sie es nicht. Erst 
als die Angekommene ihre Frage noch einmal mit etwas verstärkter Stimnie 
wiederholte, hob sie den Kopf. 
„Ach, du bist's, Christel, was sahtst de?“ 
„Jech wunner miech, doß du noch su flessig bist!“ 
„Muß mar net, wenn de Spitzen su schlacht bezohlt war'n, un mar wetter 
nischt hot wie ene Kuh un a Heisel, uf dan mar noch Zinsen ze zohlen hot? 
Jda, wenn erscht wieder amol a annere Mud käm, zu dare Spitzen gebraucht 
wür'n, noch teten für uns aah wieder bessere Zeiten kumma.“ 
„Werd uns alls nischt halfen. Wenn a Spitzenmud kimmt, kaafen de 
Leit heitzetog doch merschtens Maschinespitzen.“ 
„Ober de fein'n Dame, die wos Aparts hobn willn, warn sich doch de 
geklippelten vierziehe.“ 
„Gewieß war'n se dos, ober kaafen warn se dodrim doch kaane.“ 
„Worim dä net?“ 
„Se klippeln itza salberscht.“ 
„De fein'n Dame klippeln itza?“ 
„Ja, du silltst när amol uf Wolkenstaa kumma, do lossen sich de virnahme 
Dame, die als Kurgäst do sei, vu de Eiheimischen 's Klippeln lerne.“ 
„Wos du net sogst! Ober iech denk mr när, über's Pöpele un's Wässerle“) 
warn se net viel nauskumma.“ 
Nu ja, bis zum Staabacher Flack brenge se's natürlich net geleich, ober se 
könne's aach itza deham aus Büchern larne, wie de Görgtoffel neilich oͤrzehlet.“ 
„Aus Büchern? Si's net möglich! Wie sich de Zeiten ännern! Wenn 
dos mei Mutter wüßt, Gott hob se saaligh Ober verdenken ka ichs'n angtlich 
net, s Klippeln is a su schiene Arbet, doß mr sei Labstog nischt annersch 
machen möcht.“ 
„Do host de ja ganz racht, ober wos nützt dos uns, wenn mr drbei ver— 
hungern müssen? Jech hob mir numehro annere Arbet gehult vun Breitfald 
Anton, se is gar net schwer un luhnt viel besser, du känntst se aah ganz gut 
noch verrichten.“ 
„Jech? Naa, su lang ich lab, klippl iech.“ 
„Nu, wie de willst, ober gescheiter tetst de. Doch iech muß nu wetter, 
lab wuhl!“ 
„Lab wuhl!“ 
Die alte Webern saß nun wieder allein vor ihrem Hause und klöppelte 
noch eifriger als zuvor. Dabei schüttelte sie dann und wann mit dem Kopfe. 
Sie sollte das Klöppeln aufgeben, hatte die Brunner Christel gesagt, weil es 
nicht mehr viel einbrächte. Nein, das tat sie nicht. Solange es ihre Kräfte 
erlaubten, wollte sie dem Klöppelsacke treu bleiben. Die Christel hatte die Sechzig 
kaum überschritten, sie dagegen hatte schon ihren 78. Geburtsiag gefeiert, da 
) Einfache Spitzenmuster.
	        
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