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Selbsterziehung für Beruf und Leben.
und eine wissenschaftliche Grundlage des Wasserheilverfahrens
geschaffen.
Bei der Krankheitsverhütung spielt nun das Wasser eine sehr bedeutende
Rolle. Nicht nur als Mittel der Reinlichkeit, sondern auch als ungemein
wirksames Mittel zur Abhärtung des Körpers gegen kränkheitserregende
Schädigungen.
Was verstehen wir nun unter Abhärtung? In der Hauptsache die Ge—
wöhnung des Körpers daran, sich äußeren Temperatureinfluͤssen, stärkeren Ab—
kühlungen oder Erwärmungen rasch anzupassen, ohne daß es zu Störungen
der normalen Lebensvorgänge komnmt. Namentlich soll der abgehärtete Körper
lernen, bei einer plötzlich einwirkenden Abkühlung seinen Blütümlauf derart
zu regeln, daß ein Wärmeverlust des ganzen Körpers oder seiner einzelnen
Teile nicht eintritt, und daß der Blutumlauf in einzelnen Bezirken des Koͤrpers
(besonders gefährdet sind die Schleimhäute der Nase, des Halses und der
Luftröhre) sich nach Aufhören der Kälteeinwirkung rasch wieder in geordneter
Weise abspielt.
Am einfachsten wird eine vernünftige Abhärtung bei erwachsenen Personen
in der Weise vorgenommen, daß man morgens, wenn der Körper durch die
Bettwärme vorgewärmt ist, erst mit Wasser von Stubenwärme, später dann
auch mit brunnenkaltem Wasser eine kurze Abwaschung oder Abreibung vor—
nimmt. Am zweckmäßigsten ist es, dabei erst den Oberkörper zu entblößen
und kurz abzuwaschen, dann nach Überwerfen eines Hemdes den Unterkörper
ebenso zu behandeln, worauf nach kräftigem Abfrottieren durch rasches An—
ziehen, auch durch einige Freiübungen oder sonstige Bewegungen für gute
Wiedererwärmung gesorgt wird. Diese gute Wiedererwärmung ist überhaupt
die Hauptsache bei all solchen Maßregeln, und es ist deshalb auch nötig, daß
eine solche Abhärtungskur zu Anfang, insbesondere bei etwas blutarmen Per—
sonen, im warmen Zimmer vorgenommen wird.
Natürlich stehen uns auch andere Mittel zur Abhärtung zu Gebote, wie
kurzdauernde kalte Duschen, kurze kühle Wannenbäder und insbesondere auch
im Sommer kalte Fluß- und Seebäder, die ein vorzügliches Abhärtungs- und
zugleich Kräftigungsmittel bilden, vorausgesetzt, daß sie in nicht zu langer
Dauer genommen werden. Man scheue sich nicht vor dem Spott seiner Mit—
badenden, wenn man zu Anfang des Sommers, solange man an die Bäder
noch nicht gewöhnt ist, nur fünf Minuten oder selbst noch kürzer im Wasser
bleibt, und denke daran, daß eine alte Baderegel der Engländer, deren Sinn
für das Praktische und Zweckmäßige doch bekannt ist, „dreimal untergetaucht
und dann raus“ lautet.
Von großer Wichtigkeit ist es natürlich, daß die Abhärtung auch schon
im Kindesalter beginnt, denn wir wissen ja, daß die „anfälligsten“ Kinder,
die bald eine Halsentzündung, bald einen Luftröhrenkatarrh, bald eine Mittel—
ohrentzündung und dergleichen mehr durchmachen, diejenigen sind, die am meisten
verzärtelt werden, die ängstlich vor jedem Luftzug bewahrt bleiben und in den
Wintermonaten oft wochenlang nicht vor die Türe kommen. Nun kann man
die Kinder schon durch öfteres Hinausbringen an die frische Luft in zweck—
mäßiger Weise abhärten. Aber auch des Wassers können wir uns zu diesem
Zwecke bedienen, nur ist dabei ein etwas anderes Vorgehen als beim Er—
wachsenen erforderlich. Der kindliche Körper, namentlich der Körper des
kleinen Kindes, ist nämlich gegen Abkühlung besonders empfindlich, und zwar
aus dem Grunde, weil beim Kinde die Körperoberfläche im Verhältnis zur
Masse und zum Gewicht des Gesamtkörpers viel größer ist als beim Erwachsenen.