Ferdinande von Schmettau.
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gebracht, als sie ahnen konnte, denn sie reichte hin, um vier freiwillige Jäger
davon auszurüsten. Ungleich höher anzuschlagen ist jedoch der Einfluß, den
sie auf die Gemüter ausübte, die Begeisterung, die sie in weiten Kreisen
hervorrief. —
Nach dem Tode des alten Herrn von Schmettau im Jahre 1817 fiel die
Sorge für die Bewirtschaftung des Gutes, sowie die Erziehung der jüngeren
Kinder seiner Witwe zu. Ferdinande stand der Mutter treulich bei und blieb
ihr zur Seite, während der häusliche Kreis sich allmählich verkleinerte; ein
Sohn und eine Tochter starben, die andern Söhne fanden Stellungen in der
Armee, die Töchter verheirateten sich. Mit großer Pietät pflegte Ferdinande
die alternde Mutter, bis diese, hochbetagt, im Jahre 1851 starb, dann verließ
sie für immer die Stätte, die ihre und der Ihrigen Heimat gewesen war, und
zog für einige Zeit zu ihrer zweiten Schwester; aber bald sollte sich ihr ein
andrer Wirkungskreis öffnen. Sie wurde in das Haus ihres Schwagers, des
Majors von Below, nach Stolp berufen, da ihre Schwester Adelheid, seine
Gattin, schwer erkrankt war. Nach deren Hinscheiden blieb sie im Hause,
um die Führung des Hauswesens und die Erziehung der vier Kinder zu
übernehmen.
Als im Jahre 1861 der Major von Below seinen Abschied nahm, zog
er mit den Seinigen nach Kösen, wo sich inzwischen mehrere andere Familien
der Geschwister von Schmettau niedergelassen hatten, und wo sie fortan, nach
teilweise langjähriger Trennung wieder vereint, einen größeren Kreis bildeten.
In diesem Kreise war ‚Tante Nanny“ eine von jung und alt hochgeschätzte
und geliebte Persönlichkeit, deren Hilfe man überall in Anspruch nahm, wo es
zu helfen oder zu pflegen gab, und die, solange ihre Kräfte es erlaubten, den
Angehörigen gern ihren Beistand lieh.
Man hat sich oft gewundert, daß sie unvermählt blieb, da sie über die
Jugendjahre hinaus eine schöne stattliche Erscheinung war und viel umworben
wurde. Ihre Neffen und Nichten aber kannten sie nicht anders als in einer
unter dem Kinn geschlossenen Spitzenhaube, die sie mit 27 Jahren sich auf—
gesetzt und nie wieder abgelegt hatte. Lebendig und fesselnd wuͤßte sie ihnen
aus ihrer Jugend zu erzählen, während ihre fleißigen Hände bis ins Alter
n feiner Handarbeit beschäftigt waren und selbst in der Dämmerstunde
trickten.
Ferdinande sprach aber niemals über jene Begebenheit aus eigenem An—
triebe, es bedurfte oft vieler Bitten, um sie zu Muͤteilungen darüber zu ver—
anlassen; es bereitete ihr daher eine große Überraschung uünd Freude, als die
Erinnerung daran in Wort und Schrift wieder lebendig wurde. Die Familie
wußte nicht, von welcher Seite die Anregung dazu ausgegangen war, als
Fräulein von Schmettau im Jahre 1863 die ehrenvolle Aufforderung erhielt,
am königlichen Hofe in Berlin zu erscheinen, falls ihre Gesundheit es gestatte,
um an der 50 jährigen Stiftüngsfeier des Eisernen Kreuzes teilzunehmen.
Unter den Veteranen der Freiheitskriege, die sich dazu einfanden, war auch
ihr Schwager von Below; in seiner Begleitung unternahm sie die Reise in
die Hauptstadt und fand gastliche Aufnahme im Hause ihres Verwandten, des
Feldmarschalls von Wrangel.
Durch diesen war eine besondere Überraschung für sie vorbereitet worden.
„Vater Wrangel“ hatte einige Zeit vorher durch öffentliche Aufforderung in
den Blättern die Bitte an Soldaten aller Waffen und Grade gerichtet, ihm
ihre Photographien für ein Album, das dem Fräulein von Schmettau über—
reicht werden sollte, zu übersenden. Zahlreiche Bilder gingen dem alten