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Der Beruf der Frau im Hause. 
Stanniol, jede Scherbe bunten Glases, jeder blanke Knopf, jedes Gummibändchen, 
und was sonst an Wertlosigkeit und Abfall im Hause vorkommt, wurde auf⸗ 
bewahrt und fand gelegentlich eine manchmal geradezu geniale Verwendung. 
Großpapa Hühnchen war natürlich infolge so trefflicher Eigenschaften der 
Liebling aller meiner Kinder, und selbst der kleine Werner, der zwei Jahre nach 
Helene geboren war, streckte ihm schon, wie er noch ganz klein war, vom Arme 
seines Mädchens die Händchen entgegen und krähte vor Vergnügen. Sein 
besonderer Liebling aber war Helene. Unsere Kinder hatten alle etwas Sonniges 
in ihrem Wesen, das mochte wohl eine Erbschaft von ihrem Großvater sein, 
aber Helene hatte diese Eigenschaft im höchsten Grade. Wir nannten sie nur das 
Sonnenkind oder Großpapas Sonnenschein. GHeinrich Seidel, „Leberecht Huhnchen“. 
38. Elisabeth Goethe an die Schlosserschen Rinder. 
Den 23. Februar 1789. 
Liebe, liebe, gute, brave Enkeleins! 
Ol was habt Ihr mir vor Freude gemacht! und das alles kam so gantz 
unexwartet! Liebe Louise! Es war ja, als wenn Du es gewußt hättest, daß 
ich in großer Strickbeutels Noth mich befände — mein allerbester ist 9 Jahr 
alt und so unmusterhaft als nur möglich — und da es doch sehr oft der 
Fall ist, daß ich in Gesellschaften gehe, wo gearbeitet wird: so war es höchst 
nöthig einen neuen anzuschaffen — und da kommt mir so gantz von unge— 
fähr ein schöner, prächtiger, von meinem lieben Enkel selbst verfertigter 
Dso lieb wäre mir doch kein andrer geweßt. — Aber den will ich auch 
in Ehren halten — allen meinen Bekannten sagen, von wem er ist — und 
stoltz auf mein geschicktes und fleißiges Enkel sein. — Habe also meinen besten 
Dant davor. Meine liebe Julia! auch Dir danke ich vor Dein schön gear— 
beitetes Angebinde — auch zu Deinem Andenken soll es Parade machen — 
damit jedermann sieht, daß auch Du liebe Juliette an die Großmutter denkst. 
Und mein liebes Jetichen! mit seinem schönen Körbgen — so zierlich als 
man's nur machen kann — potz sickerment! Jetz muß die Großmutter fleißig 
sein und N. B. auch schöne Arbeiten machen, wie es sich zu so einem ele⸗ 
ganten Koͤrbgen schickt — ich will wenigstens mein möglichstes thun, um ihm 
keine Schande zu machen — danke Dir hiermit hertzlich vor Deine liebe zur 
Großmutter. 
Treuer, biederer Ritter Eduard! auch Du denkst an mich. — Ha aus dem 
Glas da schmeckls habe sogleich meines lieben Ritters Gesundheit getrunken, 
und werde das oft thun, danke danke danke lieber Eduard. Die dicke Catharine 
fragt alle Tage ob Eduard und Jettgen recht bald wiederkämen — sie möchte 
gar zu gern mit ihnen die Wachtparade aufziehen sehen — und die Elisabeth 
möchle gern wieder gebrannte Mehlsuppe machen. — Kommt doch ja bald 
wieder — hörst Du! 
Nun liebe Enkeleins! Nochmals meinen Dank. — Fahrt ferner fort 
Euren lieben Eltern und mir Freude zu machen — und glaubt, daß ich alle— 
zeit von gantzem Herzen bin Cure 
Euch zärtlich liebende Großmutter 
Elisabeth Goethe.
	        
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