geleitet. Da strecken sich Landungsbrücken hinaus, da liegen die Werften, 
die Markthalle und der Bahnhof. Weiter stadtein finden wir Kirchen 
und Schulen, Bankgebäude, Hotels, das Kaiserliche Gericht, das Seemams. 
haus, ein Gefängnis, ein Lazarett und mehrere Kasernen, auf deren Exerzier⸗ 
plätzen die deutschen Soldaten fleißig üben, gerade wie daheim. Vom 
Hauptbahnhof, im Südwesten der Stadt, ziehen sich die Geleise bald nord⸗ 
wärts zum Hafen, den sie fortan möglichft nahe begleiten. 
Eine Fahrt auf der ganz mit deutschem Gelde und unter deutscher 
Leitung erbauten Schantungbahn zeigt dem Auge die wechselndsten Land⸗ 
schaftsbilder. Zuerst schweift der Blick nach Westen über die große Bucht, 
deren Hintergrund gen Süden durch mächtige, in blauer Ferne ver— 
schwimmende Felsgruppen gebildet wird. Im Oslen, zu unserer Rechten, 
grüßen die Anhöhen von Tsingtau, denen sich die Iltisberge, Prinz 
Heinrichberge und der Kaiserstuhl anschließen, und endlich steigen am 
Horizont die Granitwände des Lauschangebirges in unbeschreiblicher Wild— 
heit und Kühnheit der Formen, in finsterer Ode und Kahlheit auf. Später 
wendet sich die Schienenstraße der Ebene zu, umkreist die Bucht in einem 
nach Süden offenen Bogen und erreicht bald darauf die alte Stadt 
Kiautschou, 75 Kilometer von Tsingtau. Nun läuft sie westwärts auf 
das durch seine Steinkohlenlager berühmte Bergland von Schantung zu, 
dessen unterirdische Schätze in langen Wagenzügen nach dem deulsschen 
Hafen verfrachtet werden, um dort die Ofen, Maschinen und Schiffskessel 
zu heizen oder weithin an fremde Abnehmer verkauft zu werden. Ihren 
Endpunkt findet die Bahn in der 400 Kilometer entfernten Hauptstadt 
Tsinanfu, die mit ihren 350 000 Seelen zugleich der größte und geschäfts⸗ 
reichste Wohnplatz der chinesischen Provinz Schantung ist. 
Wer in Tsingtau der Erholung bedarf oder den wilden Lauschan 
durchstreifen will, sucht das tief im Gebirge errichtete Genesungsheim auf. 
Es besteht aus mehreren Gebäuden, die 450 Meter über dem Meeres⸗ 
spiegel inmitten eines großartigen Bergkranzes liegen. Am 10. März 1903, 
am Geburtstag der unvergeßlichen Königin Luise, einer geborenen Prinzessin 
von Mecklenburg, wurde die Anlage zu Ehren ihres Heimatlandes „das 
Mecklenburghaus“ genannt. Von Süden wie von Norden führen gut 
gehaltene Wege zu den ersten Vorhöhen hinauf. Doch bald verenget 
sich der Pfad; starre Felswände ragen an den Seiten empor, ein klarer 
Bach rauscht hurtig über Steine und Klippen, und frisch und kühl flutet 
uns die reine Bergluft entgegen. Droben im Genesungsheim ist für 
Unterkunft und Pflege bestens gesorgt. Hier kann der Schwache neuen 
Lebensmut schöpfen, der Gesunde seine Kräfte auf genußreichen Berg— 
wanderungen oder anstrengenden Spitzenbesteigungen stählen, bis es wieder 
hinabgeht nach Tsingtau, auf den Kampfplatz des Lebens, wo es gilt, 
dem deutschen Namen und der deutschen Ehre immer höheres Ansehen 
zu gewinnen. Nach Dr. Behme und Dr. Krieger. 
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