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auch sein Holzhaus selbst, fertigt seine Ackergeräte, Wagen und
Schliten, gerbt das Leder, schnitzt mancherlei hölzernes und schmiedet
selbst sein metallenes Hausgerät. Ähnliche Zustände herrschen
noch in der Bukowina. Im kleinen Kreise der Familie oder doch
nur innerhalb der Dorfgrenzen besorgt der Bukowiner Land—
bewohner sich alle seine Lebensbedürfnisse selbst. Beim Bau des
Hauses versteht es der Mann in der Regel, die Arbeiten des
Zimmermanns, Dachdeckers u. dgl. zu versehen, während das
Weib das Bemörteln der geflochtenen und gestockten Wände oder
das Dichten der Blockwandfugen mit Moos, das Stampfen des
Fußbodens und viele andere einschlägige Arbeiten übernehmen
muß. Vom Anbau der Gespinstpflanze oder von der Aufzucht
des Schafes an bis zur Fertigstellung der Bett- und Kleidungs—
stücke aus Leinen, Wolle oder Pelzwerk, Leder, Filz oder Stroh—
geflecht erzeugt ferner das Bukowiner Landvolk alles, selbst die
Farbstoffe, aus eigens gezogenen Pflanzen sowie die nötigen,
allerdings höchst primitiden Handwerkszeuge. Und so ist es im
allgemeinen auch mit der Nahrung. Mit ziemlich bedeutender
Mühe pflegt der Bauer sein Maisfeld, stellt er auf der Hand—
mühle das Mehl her, das er zum Backen seiner Hauskost ver—
wendet. Auch seine einfachen Ackerwerkzeuge, die Gefäße und
Geräte für Wirtschaft und Küche weiß er herzustellen. Nur die
Bearbeitung des Eisens, das aber die eingeborene Bevölkerung
nur in äußerst geringen Mengen verbraucht, überläßt er im all—
gemeinen den im Lande zerstreut lebenden Zigeunern. — Wie in
Norwegen, in der Bukowina und in anderen Ländern noch heute
im Hause alle zum Leben nötigen Geräte und Waren selbst
erzeugt und nur im Hause, in der Familie verwendet und ver—
braucht werden, so war es auch in den ältesten Zeiten bei uns.
Der Produzent war zugleich der Konsument, und diese Art des
gewerblichen Betriebes wollen wir mit dem Namen Hauswerk
bezeichnen. War der Bedarf ein sehr mannigfaltiger, so reichten
die Hände der Familie zur Erzeugung der nötigen Güter nicht
aus; dann wurde die Familie durch Aufnahme von Sklaven und
durch Ansetzung von Hörigen künstlich erweitert.
Aus dem Hauswerke entwickelte sich nach und nach das
Lohnwerk. Noch heute ist dieses in den Alpenländern die vor—
herrschende Betriebsweise auf dem Lande. Der steirische Schrift—
steller Peter Rosegger sagt: „Die Bauernhandwerker , der
Schuster, der Schneider, der Weber, der Böttcher — sind in vielen
Alpengegenden eine Art Nomadenvolk. Sie haben wohl irgend—
eine bestimmte Wohnung, entweder im eigenen Häuschen oder in
der gemieteten Stube eines Bauernhofes, wo ihre Familie lebt,
wo sie ihre Sonn- und Feiertage zubringen; am Montagmorgen
aber nehmen sie ihr Werkzeug auf den Rücken oder in die Seiten—
taschen und gehen auf die Stör, d. h., sie gehen auf die Arbeit