Das Zeitalter der Religionskriege.
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hielten trotzdem an und lähmten vielfach auch das politische Leben; das
Ausland überflügelte Deutschland. Unfähig, in wichtigeren Fragen einen
Beschluß zu fassen, da die Erklärung einer der beiden Religionsparteien,
ihre Religion werde berührt, jede Beschlußfassung unmöglich machte, standen
die Reichstage den Verlusten an den Grenzen tatlos gegenüber, konnten
den inneren Frieden nicht fördern und verliefen oft ergebnislos. Da aber
die bestehenden Gegensätze nicht ausgeglichen wurden, so mußten sie sich
notwendig vertiefen; darum trat, als sie endlich aufeinandertrafen, wie es
bei Übeln, die sich lange vorbereitet haben, zu geschehen Pflegt, eine um so
schwerere Katastrophe ein.
Die Kaiser in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts: Ferdi¬
nand I. (1558—1564), Maximilian II. (1564—1576) und Rudolf II.
(1576—1612), hielten in den Religionsangelegenheiten an den Überliefe¬
rungen des Habsbnrgischen Hauses fest: sie blieben katholisch, waren aber im
Unterschiede von ihren spanischen Verwandten duldsam gegen ihre prote¬
stantischen Untertanen. Eine Änderung trat erst ein, als Matthias seinen
Bruder Rudolf zur Abdankung nötigte und selbst die Regierung über¬
nahm (1612—1619). Da er kinderlos war, bemühte er sich, die Nachfolge
an seinen Vetter Ferdinand*), Herzog von Steiermark, zu bringen.
Dieser war streng katholisch erzogen und führte seine Grundsätze in seinem
Erblande auch durch. Sein Regierungsantritt fällt mit dem Ausbruche
des großen deutschen Krieges zusammen.
Die religiösen Parteien. Seit dem Augsburger Religionsfrieden,
der allein den lutherischen Ständen zugute kam, hatte der Kalvi¬
nismus bedeutende Fortschritte gemacht; der Kurfürst von der Pfalz,
der Landgraf von Hessen und zuletzt auch der Kurfürst von Brandenburg
hatten sich ihm angeschlossen. Da die lutherischen Theologen aber in dieser
Zeit dem Dogma eine immer schärfere und eine endgültig abschließende
Fassung gaben, stießen sie alle die zurück, die nicht in jedem Punkte ihrer
Meinung waren, und so verschärfte sich die aus der unaufhörlichen, oft
persönlichen Erörterung der bestehenden Unterschiede ihrer Lehre erwachsende
feindselige Stimmung zwischen den Mitgliedern der beiden Konfessionen
derartig, daß damals den Lutherischen die Kalvinisten mindestens ebenso
verhaßt waren wie die Römischen.
Während eine Anzahl norddeutscher Bistümer reformiert wurde und
Administratoren ihre weltlichen Angelegenheiten verwalteten, waren anderer¬
seits die katholischen Fürsten bemüht, mit Hilfe der Jesuiten ihren Besitz¬
stand nicht nur zu wahren, sondern auch zu erweitern.
*) Stammbaum: Ferdinand I.
Max H. Karl v. Steiermark.
.! I
Rudolf II., Matthias. Ferdinand II.'
Pfeifer, Geschichte V. (K.) 24