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Volk in dem Pfannkuchenberge tausend Jahre gegessen und getrunken,
es wäre wohl noch genug übriggeblieben.
Und unser Klas aß und trank wie ein Kerl. Er wachte etwa
fünfmal des Tages auf, und dann aß und trank er jedesmal tüchtig;
danach schlief er dann gewöhnlich wieder ein, so daß er nichts An¬
deres that als essen, trinken und schlafen. Die Nächte durchschlief
er immer in einem fort, vom Abend bis zum Morgen, ohne je zu
-erwachen. Weil ihn sein dämmeriges Zimmer an nichts erinnerte,
was er oben auf der Erde gesehen und erlebt hatte, so verschwand
ihm das Vergangene fast aus dem Gedächtnisse. Nur seines Vaters
gedachte er zuweilen, des treuen Valentin und des freundlichen,
alten Lehrers; aber das war ihm auch nur wie ein Traum. Das
aber hielt er von frommen und gottesfürchtigen Dingen und Ge¬
wohnheiten fest, daß er jedesmal, ehe er aß, seine Hände faltete
und betete. Sein Gebet, denn eins kannte er nur, war nicht sehr
lang und hieß:
Fürchte Gott,
Liebes Kind!
Gott, der Herr,
Sieht und weiß
Alle Ding'.
Seine Schlasstunden bei Tag und bei Nacht waren ein ewiger
Traum und zwar ein sehr bunter und lustiger Traum, wo alle
Valentinischen Geschichten und Märchen wunderbar aufblühten und
sich zu neuen Geschichten und Märchen gestalteten. Er war dann
immer mitten darin und vollbrachte ungeheure Thaten, erschlug
Drachen und Riesen, zersprengte eiserne und diamantene Thore, be¬
freite Prinzessinnen und ward endlich König.
Auf diese Weise verbrachte Klas in seinem Pfannkuchenberge
ein ganz vergnügtes und lustiges Leben. Fünf Jahre vergingen
ihm wie ein Tag, und essend und trinkend war er immer tiefer
hinabgesunken, und das Zimmer hatte sich mit ihm hinabgesenkt.
So hatte er sich glücklich durch den zauberischen Berg hindurch¬
gegessen; denn durchessen mußte sich, wer hineinsprang, hatte Valentin
gesagt, anders konnte er nimmer aus dem Berge erlöst werden.
Wieviel er aber in dieser langen Zeit gegessen und getrunken hat,
wer will das ausrechnen? Gewiß ist es aber nicht weniger gewesen,
als zehn der unverdrossensten Esser und Trinker nur hätten be¬
zwingen können. Auch war es nicht verloren an ihm, sondern er
war ein gar starker und reisiger Jüngling geworden.
Als nun die fünf Jahre um waren und Klas sich unten bis an
den Rand durchgegessen hatte, fiel er in einen tiefen Schlaf, und
ihm träumten die sonderbarsten Träume. Unter diesen Träumen
Wefing u. de Boer, Lesebuch für Unterstufen. II. 15