Full text: Lesebuch für die Sonntagschulen der Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Schwaben und Neuburg

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In den Werkstätten für Holzbearbeitung. 
Hatte ich meinen Auftrag ausgerichtet, so machte ich mir in 
der Werkstatt zu schaffen. Die Abfälle von des Meisters Drehstuhl, 
zierliche Säulchen oder Stabenden, Scheibchen und Ringe, waren für 
mich der Form und der reinen Holzfarbe wegen von großem Werte. 
Neben das weiße Tannen— Ahornholz oder das zartrote Kirsch— 
baumholz hielt ich das dunklere Nußbaum- und Eichenholz um die 
Farbenwirkung durch den Gegensatz noch zu steigern. So legte ich 
mir auf der Hobelbank eine Skala der Drechslerhölzer nach ihrer 
Farbe zusammen: vom reinen Weiß des Ahorn- bis zum dunklen 
Braun des Nußbaumholzes. Wenn mein alter Freund besonders 
gut gelaunt war, so holte er vom Wandschrank des Kästchen mit 
fremden Hölzern herunter, die er auf der Wanderschaft gesammelt hatte, 
und ich konnte die Farbentonleiter durch rotes Sandelholz, schwarz— 
grünes Pockholz oder tiefschwarzes Ebenholz vervollständigen. Manch— 
mal unterbrach er dann seine Arbeit am Hackstock oder am Drehstuhl 
um mir im Verschnaufen Auskunft zu erteilen. Es klingt mir noch 
heute in den Ohren, wie er sugte: „Die Leute meinen immer, Holz 
ist Holz, und doch ist unterm Holz ein Unterschied wie unter den 
Menschen. Da hast du hartes und weiches, festes und biegsames, 
gesundes und kernfaules Holz; das eine läßt sich gut polieren, das 
andere nimmt keine Politur an.“ Vom Holz begriff ich dies alles 
damals besser als von den Menschen. — 
Ich bin seit jener Zeit schon in viele Drechslerwerkstätten ge— 
kommen, so gut hat es mir in keiner gefallen als in der des alten 
Meisters. Die Drechslerwerkstätte von heute ist gegen seine Arbeits— 
stätte die reine Holzwarenfabrik. Die Drehbänke, durch elektrische 
Kraft, Dampf, Gas oder Benzin angetrieben, surren und die Dreh— 
späne sprühen durch die Luft. Jeder steht an seiner Drehbank und 
fördert seine Arbeit; es wird kein Wort gesprochen. Gut ist es da, 
wenn der Dreher Zwiesprach mit dem Holze halten kann, das er 
unter den Händen hat. Kommen ihm ja Holzarten aus aller Welt 
unter: Hölzer, die eine weite Reise vom Urwald übers Meer, von 
den Holzlagern der Hafenplätze bis in die Arbeitsstätten des nnn 
landes hinter sich haben. 
Von den verschiedenen Holzarten, welche gegenwärtig zur 
Verarbeitung kommen, gewinnen wir am leichtesten eine Vorstel— 
lung, wenn wir von Arbeitsstätte zu Arbeitsstätte wandern und den 
Handwerkern bei ihrer Tätigkeit zusehen. Der Bürstenmacher wählt 
sich Hölzer aus, die durch schöne Färbung und Maserierung aus— 
gezeichnet sind. Zu den Deckeln der Kleider- und Haarbürsten sind 
ihm die seltensten ausländischen Hölzer, wie Veilchenz, Eben- und 
Rosenholz, gerade gut genug. In der Möbel- und Kunstschreinerei 
werden neben fast allen einheimischen auch mancherlei ausländische 
Hölzer verarbeitet. Unter den letzteren wird gegenwärtig das rote 
Mahagoniholz als Modeholz bevorzugt. Übrigens vereinigt ein grö— 
ßeres Möbelstück mit seinen Säulen, Füllungen und Furnieren in 
sich oft eine ansehnliche Sammlung verschiedener Hölzer. Der Or—
	        
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