Full text: Klasse 9 (zweites Schuljahr) (Teil 1, [Schülerband])

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und auch viel Gras wuchs. Da dachte die Frau, die Wölfe könnten 
kommen und die Kühe fressen. 
Darum gab sie dem Kinde den Napf mit dem Brei und einen 
hölzernen Löffel dazu. Dabei sagte sie: „Da, Kindchen, nimm und 
iß; nimm aber den Löffel nicht zu voll!“ Und nun stand sie auf 
und ging in den Wald und wollte die Kühe heraustreiben. 
Wie nun das Kind so allein saß und aß, kam eine große Wölfin 
aus dem Walde herausgesprungen und gerade auf das Kind los. Die 
Wölfin faßte das Kind mit den Zähnen hinten an der Jacke und 
trug es in den Wald. Als die Mutter wiederkam, war kein Kind 
mehr da. Der Napf lag auf der Erde, aber der Löffel lag nicht 
dabei; denn den hatte das Kind in der Hand festgehalten. Wie das 
die Mutter sah, dachte sie gleich: das hat der Wolf getan. Und nun 
lief sie in das Dorf und rief die Leute heraus. 
Unterdessen kam ein Bote durch den Wald gegangen, der hatte sich 
verirrt. Wie er nun so durch den Wald geht und den Weg sucht, 
hört er etwas sprechen. Und es sagt immer: „Geh, oder ich geb' dir 
was!“ Als er das Gebüsch voneinander tut, sieht er ein Kindchen 
auf der Erde sitzen und sechs kleine Wölfe darum herum. Die Wölfe 
fahren immer auf das Kind zu und schnappen ihm nach den Händen. 
Aber die alte Wölfin war nicht dabei; die war wieder in den Wald 
gelaufen. Wenn ihm nun die Wölfchen nach den Händen schnappen, 
schlägt das Kind sie mit dem hölzernen Löffel auf die Nase und sagt 
immer dazu: „Geh, oder ich geb' dir was!“ 
Der Bote lief geschwind hin und schlug mit dem Stocke unter die 
kleinen Wölfe, daß sie alle davonliefen. Das Kind nahm er schnell 
von der Erde und lief und lief; denn er dachte, die alte Wölfin könnte 
wiederkommen. Doch dauerte es gar nicht lange, da kamen die Bauern 
aus dem Dorfe und wollten den Wolf- totschlagen. Die Mutter kam 
auch mit ihnen und sah, daß der Wolf ihr Kind nicht gefressen hatte. 
Da war sie sehr vergnügt und dankte dem guten Manne tausendmal; 
noch mehr aber dankte sie dem lieben Gott, der ihr Kind behütet hatte. 
S 
193. Der Wolf und der Fuchs. 
Jakob und Wilhelm Grimm. 
Der Wolf hatte den Fuchs bei sich, und was der Wolf wollte, das 
mußte der Fuchs tun, weil er der schwächere war, und der Fuchs wäre 
gern den Herrn los gewesen. Es trug sich zu, daß sie beide durch den
	        
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