Full text: Klasse 8 (drittes Schuljahr) (Teil 2, [Schülerband])

Mitten auf einem geharkten Wege lag der kleine und konnte nicht 
von der Stelle. Von allen Seiten besahen ihn die Eltern, bis sie den 
Schaden fanden. „Er hat ein Bein gebrochen," sagte der Vater leise zu 
der Mutter. „Da ist nichts zu machen. Er wird wohl sterben." Ach, 
wie traurig wurde die Mutter, als sie das hörte! Gerade ihr Liebling 
war es, der aus dem Neste gestürzt war. Sie fing Fliegen für ihn, sie 
suchte ihm Körnlein und pflegte ihn, so gut sie konnte. 
Da kam auf einmal etwas durch die Büsche geraschelt. Zwei große 
Augen sahen auf den jungen Buchfink hernieder, ein großes Maul tat 
sich auf. Erschrocken flogen die Alten davon. Und der Kleine, der sich 
nicht zu rühren vermochte, dachte: „Das ist die Katze! Das ist die Katze! 
Jetzt wird sie dich fressen!" Ängstlich duckte er sich nieder. Aber es war 
nicht die Katze, sondern der große Hund des Pastors, der ja keinem 
Vöglein ein Leid tat. Er beschnupperte den jungen Buchfink von allen 
Seiten, und als er sah, daß der nicht davonflog, kam ihm das wohl 
merkwürdig vor. Er fing an laut zu bellen. Da näherten sich Tritte, 
und der Pastor, der gerade im Garten spazieren ging, kam herzu und 
besah neugierig die Gruppe. Seine goldene Brille schob er aus die 
Stirn, er bückte sich, faßte langsam und vorsichtig das junge Vöglein 
und nahm es in die Hand. „O weh! o weh! du armes Tierchen!" 
sprach er mitleidig. „Du bist wohl aus dem Neste gefallen und hast ein 
Bein gebrochen. Das ist eine schlimme Geschichte." Zn beiden Händen 
trug er das Vöglein vorsichtig dem Hause zu. 
Die Eltern flogen ihm nach und piepten laut, um ihr Kind zu 
trösten. Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, kehrten sie zu 
ihrem Neste zurück und erzählten, was sie gesehen hatten. Ja, heute 
war ein Unglückstag. Sie wollten doch das Fliegenlernen noch ein 
paar Tage aufschieben. 
3. 
Niedergedrückt saßen sie alle beieinander und warteten, bis die 
Mittagshitze vorüber war. Da horchte auf einmal der Vater auf und 
sagte: „Die Stimme kommt mir bekannt vor. Was mag das für ein 
Piepen —" Aber er sprach den Satz gar nicht zu Ende, in weiten 
Sätzen flog er durch den Garten der fernen Stimme nach. Die Mutter 
folgte ihm sofort. 
Das rufende Piepen kam aus dem Pastorenhause. Ja, es war 
die Stimme ihres Ältesten. Die beiden Alten setzten sich auf die Spitze
	        
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