Mitten auf einem geharkten Wege lag der kleine und konnte nicht
von der Stelle. Von allen Seiten besahen ihn die Eltern, bis sie den
Schaden fanden. „Er hat ein Bein gebrochen," sagte der Vater leise zu
der Mutter. „Da ist nichts zu machen. Er wird wohl sterben." Ach,
wie traurig wurde die Mutter, als sie das hörte! Gerade ihr Liebling
war es, der aus dem Neste gestürzt war. Sie fing Fliegen für ihn, sie
suchte ihm Körnlein und pflegte ihn, so gut sie konnte.
Da kam auf einmal etwas durch die Büsche geraschelt. Zwei große
Augen sahen auf den jungen Buchfink hernieder, ein großes Maul tat
sich auf. Erschrocken flogen die Alten davon. Und der Kleine, der sich
nicht zu rühren vermochte, dachte: „Das ist die Katze! Das ist die Katze!
Jetzt wird sie dich fressen!" Ängstlich duckte er sich nieder. Aber es war
nicht die Katze, sondern der große Hund des Pastors, der ja keinem
Vöglein ein Leid tat. Er beschnupperte den jungen Buchfink von allen
Seiten, und als er sah, daß der nicht davonflog, kam ihm das wohl
merkwürdig vor. Er fing an laut zu bellen. Da näherten sich Tritte,
und der Pastor, der gerade im Garten spazieren ging, kam herzu und
besah neugierig die Gruppe. Seine goldene Brille schob er aus die
Stirn, er bückte sich, faßte langsam und vorsichtig das junge Vöglein
und nahm es in die Hand. „O weh! o weh! du armes Tierchen!"
sprach er mitleidig. „Du bist wohl aus dem Neste gefallen und hast ein
Bein gebrochen. Das ist eine schlimme Geschichte." Zn beiden Händen
trug er das Vöglein vorsichtig dem Hause zu.
Die Eltern flogen ihm nach und piepten laut, um ihr Kind zu
trösten. Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, kehrten sie zu
ihrem Neste zurück und erzählten, was sie gesehen hatten. Ja, heute
war ein Unglückstag. Sie wollten doch das Fliegenlernen noch ein
paar Tage aufschieben.
3.
Niedergedrückt saßen sie alle beieinander und warteten, bis die
Mittagshitze vorüber war. Da horchte auf einmal der Vater auf und
sagte: „Die Stimme kommt mir bekannt vor. Was mag das für ein
Piepen —" Aber er sprach den Satz gar nicht zu Ende, in weiten
Sätzen flog er durch den Garten der fernen Stimme nach. Die Mutter
folgte ihm sofort.
Das rufende Piepen kam aus dem Pastorenhause. Ja, es war
die Stimme ihres Ältesten. Die beiden Alten setzten sich auf die Spitze