Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

115 
mm schon das dritte Jahr, daß er seinem Großvater bei dieser jährlichen 
Feierlichkeit bcigestanden. ES ist also leicht zu denken, daß der Junge herz¬ 
lich verdrießlich werden mußte, als er Margarethens und Mariechens Ab¬ 
sichten zu begreifen anfieng. 
Ich weiß nicht, Ebert, sagte Margarethe, indem sie ihre linke Hand auf 
seine Schultern legte, du fängst mir so an, zu verfallen. Spürst du nichts 
in deiner Natur? 
Man wird als alle Tage älter, Margarethe.' 
O Herr ja! Ja fteilich alt und steif. 
Ja wol, versetzte Mariechen und seufzte. 
Mein Großvater ist noch recht stark für sein Alter, sagte Heinrich. 
,Ja wol, Junge,' antwortete der Alte. .Ich wollte noch wol in die 
Wette mit dir die Leiter 'nauf laufen.' 
Heinrich lachte laut. Margarethe sah wol, daß sie auf dieser Seite die 
Festung nicht überrumpeln würde; daher suchte sie einen andern Weg. 
Ach ja, sagte sie, es ist eine besondere Gnade, so gesund in seinem Alter 
zu sein; du bist, glaub ich, nie in deinem Leben krank gewesen, Ebert? 
,Jn meinem Leben nicht, ich weiß nicht was Krankheit ist; denn an den 
Pocken und Rötheln bin ich herumgegangen.' 
Ich glaube doch, Vater, versetzte Mariechen, ihr seid wol verschiedene 
Male vom Fallen krank gewesen; denn ihr habt uns wol erzählet, daß ihr 
oft gefährlich gefallen seid. 
.Ja, ich bin dreimal tödtlich gefallen.' 
Und das viertemal, fuhr Margarethe fort, wirst dir dich todt fallen, mir 
ahnt es. Du hast letzthin im Wald das Gesicht gesehen; und eine Nach¬ 
barin hat mich kürzlich gewarnt und gebeten, dich nicht aufs Dach zu laßen; 
denn sie sagte, sie hätte des Abends, wie sie die Kühe gemolken, ein Poltern 
und klägliches Jammern neben unserm Hause im Wege gehört. Ich bitte 
dich, Ebert! thu mir den Gefallen, und laß jemand anders das Haus decken, 
du hasts ja nicht nöthig. 
Margarethe! — kann ich oder jemand anders denn nicht in der Straße 
rin ander Unglück bekommen? Ich hab das Gesicht gesehen, ja, das ist wahr! 
— unsere Nachbarin kann auch diese Vorgeschichte gehört haben. Kann 
aber ein Mensch dem entlaufen, was Gott über ihn beschloßen hat? Hat er 
beschloßen, daß ich meinen Lauf hier in der Straße endigen soll, werd ich 
armer Dummkopf von Menschen das wol vermeiden können? Und gar 
wenn ich mich todtfallen soll, wie werde ich mich hüten können? Gesetzt, ich 
bleib vom Dach: kann ich nicht heut oder morgen da in der Straße einen 
Karren Holz losbinden wollen, drauf steigen, straucheln und den Hals ab¬ 
stürzen? Margarethe! laß mich in Ruh; ich werde so ganz gerade-MgchLn, 
8*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.