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And, als wir vorübergiengen, noch einen dichten und durch die Kanten des
heiligen Denkzeichens scharf begrenzten Uebcrzug bildeten.
,Ei,' sagte ich da zu meinem Reisegefährten, .welch ein Unterschied
zwischen den zwei Hauptseiten dieses Kreuzes! Ist es nicht, als wenn die
dunkle dem Charfreitag und die andere dem Osterfeste angehörte?'
.Ja, mein Herr,' sagte der Führer, der mit mir stehen geblieben war,
.dieses Kreuz hat überhaupt zivei sehr verschiedene Seiten. Wenn ich im
Lande zu gebieten hätte, so würde ich an die Stelle, welche nach Kärnten
hinunterschaut, schreiben laßen: .Herr, so du willst, kannst du mich gesund
machen.' Denn die Gichtbrüchigen, die aus dem Kärntner Lande oder noch
weiter her auf diesem Wege nach Gastein getragen werden, pflegen sich auf
dieser Seite des Kreuzes noch einmal niedersetzen zu laßen und zu beten, che
es über die Scheidcck weg und den Berg hinuntergeht, über den sie oft gar
nicht mehr zurückkommen oder, was noch schlimmer ist, ohne Hoffnung aus
Beßerwerden. Diejenigen Leute aber, welche aus dein Bade ihre wiedcrge-
schenkte Gesundheit oder die Hoffnung bringen, bald zu genesen, pflegen
aus jener Seite niederzufallen, wie der Aussätzige vor den: Herrn, und zu
danken. Darum würde ich auf die Gasteincr Seite die Ueberschrift schreiben
laßen: .Opfere Gott Dank und bezahle dem Höchsten deine Gelübde. Siehe
zu, du bist gesund geworden; sündige hinfort nicht mehr, daß dir nicht etwas
Ärgeres widerfahre.
.Ich war einmal dabei, als zu gleicher Zeit zwei Personen an dem
Kreuze knieten. Die eine auf dieser, und die andere auf jener Seite, beide in
einer und eben derselben Angelegenheit, die eine um zu danken, und die andere
um zu bitte,:. — Die Sache gieng aber so zu.'
,Es können jetzt zwölf Jahre oder darüber sein, als ich von daheim
nach Malnitz hinüber gieng, um Arbeit zu suchen, mit dem Glaser von Hof-
gastein, zu dem man auch nicht geht, sondern wartet, bis er, seine Butte auf
dem Rücken, kommt, an das Fenster klopft und fragt, ob alles noch ganz sei.
So kam ich auch in ein Haus, wo man aber nicht des Schneiders, sondern
des Arztes bedurfte. Denn die Hausfrau lag in großen Schmerzen auf ihren,
Bette und von der Gicht an den Händen und Füßen gelähmt. Sic hatte schon
viel erlitten von Aerzten, von studierten und unstudierten, und es half ihr nichts,
sondern vielmehr ward es immer ärger mit ihr. Eßen und Trinken mußte
man ihr reichen, wie einem Kinde, dcn, die Hände in das Wickelkissen gebun¬
den sind. Die Thränen, die sie vergoß, konnte sie nicht abwischen, so wenig
als der Weinstock, wenn er beschnitten und angebunden ist. Die Fliegen mußte
sie in ihrem Gesichte sitzen laßen, bis eine srenlde Hand oder die Nacht kamen
und sie verscheuchten. Denn auch ihr Nacken war steif, wie ihre Glider.'
,An einem solchen Schmerzenslager wird jedermann zum Doktor. Ich