Full text: [Teil 2 = (4. und 5. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 2 = (4. und 5. Schuljahr), [Schülerband])

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richtet. Aber wie schwer müssen sie daran schleppen, die armen Dinger! 
Und dennoch ruhen und rasten sie nicht, als bis sie diese ihre besten Schätze 
gerettet haben, und sie erleiden eher den Tod, als daß sie ihre Cier fallen 
ließen. Fleißig sind sie zudem Tag und Nacht, denn in solcher Ameisen— 
burg gibt es gar viel zu putzen, aufzuräumen, auszubessern, zu verändern. 
Die Ameisenmutter aber in der Burg ist die angesehenste; sie lebt und 
stirbt nur für ihre Kinder. Sie hat anfangs die schönsten Flügel, um nach 
Gefallen in der Luft und im Sonnenschein draußen umherzuschwirren; 
wenn sie aber ihre Kinderstube voll kleiner Ameisen zu versorgen hat, so 
reißt sie sich selber die Flügel ab, damit es ihr nicht mehr einfallen könne, 
ihre Kinder allein zu lassen und hinauszuflattern. Da bleibt sie denn in 
der Ameisenburg und pflegt ihre Kleinen und zieht sie mit Mühen und 
Sorgen groß und wacht über sie vom Morgen bis zum Abend und wieder 
bis zum Morgen, genau wie jede treue, gute Menschenmutter. 
Wenn ein Kind aber dies alles weiß, dann wird es gewiß jede 
Ameisenburg, mag sie von Erde oder von Tannennadeln aufgebaut sein, 
mit heimlicher Bewunderung betrachten und sicher nun und nimmer solchen 
kunstvollen Palast mutwillig zerstören. Elise Polko. 
254. Die Spechtschmiede. 
Die Jagdflinte auf dem Rücken, wanderte ich in einem tiefdunkeln, 
stillen Tale hin, das ein schnellfüßiger Bach durchrauschte. Die Tallehne 
bedeckte ein wirres Felsenmeer mit zahlreichen Fuchs- und Dachsbauten; 
auf der Talsohle hatten sich, so gut der Boden es erlaubte, Kiefern, Fichten 
und Tannen durcheinander angesiedelt. 
Da bemerkte ich wiederholt Spechte, die lebhaft hin- und herstrichen, 
und zwar meistens große Buntspechte. Diese sind im Schwarzwalde so 
wenig selten wie ihre größeren und kleineren Verwandten, und besonders 
fallen oft die Arbeiten des großen, schwarzen Zimmermannes an Baum— 
stämmen auf, und zwar so bedenklich, daß man die Spechte mehr und 
mehr als schädliche Waldvögel wird ansehen müssen. Jedenfalls vernichtet 
namentlich der Buntspecht eine Menge Waldsamen, wovon ich mich auf 
demselben Gang überzeugte. 
Auf dem kurzen Moose nämlich um einen starken Kiefernstamm mit 
rauher Borke lag eine unglaubliche Menge Nadelholzzapfen mit zerfaserten 
und abgerissenen Deckschuppen, und mehrere solcher Zapfen staken noch ein— 
geklemmt in Rindenrissen und in ausgemeißelten höhlungen der Kinde, 
und alle waren der Samen beraubt. 
Wer hatte das getan? — Während ich ruhig hinter dem Stamme 
verborgen stehe, verrät sich mir der Räuber selber. Ein Picken auf einem 
andern Baume macht mich aufmerksam: ich sehe auf und erblicke den 
hübschen, in die deutschen Reichsfarben gekleideten Buntspecht, wie er eben
	        
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