Full text: [Teil 2 = (4. und 5. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 2 = (4. und 5. Schuljahr), [Schülerband])

— . 53 369 
vermeidend, geriet er in die Charybdis, einen Strudel, welcher die 
Wogen abwechselnd einschlürfte und ausspie. Das Fahrzeug wurde hin— 
untergerissen; an einem wilden Feigenbaum, der über dem Eingang in die 
Tiefe hing, krallte sich der Held fest wie eine Fledermaus; als das Schiff⸗ 
lein wieder herauf kam, sprang er geschickt hinein und ruderte weiter. 
Wind und Wellen verschlugen ihn auf die liebliche Insel der Nymphe 
Kalypso, die ihn wie Kirke unsterblich machen und zu ihrem Gatten er— 
heben wollte. Aber unwiderstehliches Heimweh füllte seine Seele. Tage— 
lang saß er weinend am Strande, bis auf seinen Slügelschuhen hermes 
kam mit dem Befehl des Zeus, Kalypso solle den Hhelden fortlassen. Da 
zimmerte er sich ein Floß, und die Göttin leistete ihm handreichung. 
4. Aber noch war Poseidons Kache nicht gesättigt. Ein wütender 
Sturm zerriß das Fahrzeug. Nur der Schleier, den ihm die Meergöttin 
Leukothea lieh, rettete ihn vom Untergang. Zwei Tage und zwei Nächte 
lang schüttelte ihn das Meer umher, bis dem Todmüden die Landung 
glückte. Er war auf der Insel der Phaiaken: hier hatte der Zorn des 
Erderschütterers keine Macht mehr über ihn. 
Nus tiefem Schlaf weckte ihn am folgenden Tag das lustige Treiben 
der Mädchen, mit denen die holde Königstochter Nausikaa an der Düne 
Wasche hielt. Beseelt von Athenens Geiste, gab sie ihm Kleider und wies 
ihm den Weg zu ihres Vaters Schloß. Festlich empfingen und bewirteten 
ihn die Phäaken; und als er seinen Namen nannte, rüsteten sie ein Schiff, 
das ihn an Ithakas Gestade brachte. Er schlummerte, während sie ihn 
ans Land trugen und die reichen Geschenke ihrer Fürsten in der Nymphen— 
grotte bargen. 
5. Athena geleitete ihn zu seinem wackeren hirten Eumaios und ver— 
wandelte ihn in einen Bettler. Unerkannt betrat er seine Burg und war 
selbst Zeuge, wie sich seine Gattin Penelopeia der Unterkönige erwehrte, 
die sie aufdringlich umwarben und sein Gut verpraßten. Ihn selbst 
höhnten und mißhandelten die Freier. Endlich erhob er sich in seiner 
heldenstärke: mit seinem Bogen, den keiner von ihnen zu spannen ver— 
mochte, schoß er die Frevler alle nieder ohne Erbarmen. Dann entsühnte 
er sein haus und freute sich des Wiedersehens mit seinem trefflichen 
Sohne Telemachos und seiner treuen Penelope. Sie hatte es verdient, 
daß er sie zwei Göttinnen vorgezogen. 
Ernst Keller. 
15. Orestes. 
1. Orest und Klytämnestra. 
König Agamemnon von Mykenä, der die Griechen im Kriege gegen 
Troja angeführt hatte, hatte einen Sohn, Orestes; der war noch sehr 
jung, als sein Vater, da er von Troja zurückkam, von seiner verbreche— 
rischen Frau Klytämnestra und von ägisthos erschlagen ward; ägisthos 
Keller-Stehle, Deutsches Lesebuch IL. E 2 
1
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.