Full text: (Für das 2. und 3. Schuljahr) (Band 1, [Schülerband])

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ihr habt mich erquicket mit Speise und Trank, 
ich hab's euch gedanket mit schmetterndem Sang; 
nun seid ihr ermüdet, wollt schlafen auch gehn; 
o möget im Lenze ihr wonnig erstehn! 
Wir Vöglein, wir können so lange nicht warten. 
Gott schirme indessen den schlummernden Garten! 
Ade! Ade! 
3. Zum Fenster noch einmal blickt's Schwälbchen hinein; 
ade, liebe Kinder, geschieden muß sein! 
Ich hatte mein Nest an dem Fenster gebaut, 
ihr habet mit Freuden die Kleinen geschaut 
und gern auf mein Zwitschern des Morgens gehört, 
ihr habet mir niemals den Frieden gestört; 
drum möge auch euch in Freud' und Gefahren 
der Himmel die liebenden Eltern bewahren! 
Ade! Ade! Löwenstem. 
213. Der Löwe. 
1. Ein armer Sklave — er hieß Androklus — der seinem 
Herrn entlaufen war, wurde wieder eingefangen und zum Tode ver¬ 
urteilt. Man brachte ihn auf einen großen, freien Platz, der mit 
Mauern umgeben war, und ließ einen furchtbaren Löwen auf ihn 
los. Mehrere tausend Menschen sahen zu. Der Löwe stürzte grimmig 
auf den armen Menschen los — blieb aber plötzlich stehen, wedelte 
mit dem Schweife, sprang voll Freude um ihn herum und leckte 
ihm dann freundlich die Hände. Die Leute aber verwunderten sich 
und fragten den Sklaven, wie das komme. 
2. Der Sklave erzählte: Als ich meinem Herrn entlaufen war, 
verbarg ich mich in eine Höhle der Wüste. Da kam dieser Löwe 
winselnd zu mir herein und zeigte mir seine Pratze, in der ein 
scharfer Dorn steckte. Ich zog ihm den Dorn heraus, und von 
der Zeit an versah mich der Löwe mit Wildbret, und wir lebten 
in der Höhle friedlich zusammen. Bei der letzten Jagd wurden 
wir voneinander getrennt und beide gefangen, und nun freut sich 
das gute Tier, mich wieder zu finden. Alles Volk war über die 
Dankbarkeit des guten Tieres entzückt und rief laut: Es lebe der 
wohltätige Mensch! es lebe der dankbare Löwe! Der Sklave wurde
	        
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