im Reformationszeitalter.
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in Ehren, die sich erst mit dem 15. Jahrhundert in ein Rad ver¬
wandelt hatte. Auch erschien die Fürstin mit ihrem Spinnrocken, wo¬
ran ein silbernes Glockenspiel hing, wohl in der Arbeitsstube ihres
Gemahls oder wußte mit ihren Frauenzimmern allerlei feine Arbeit
zu bereiten, womit sie sich gegenseitig Geschenke machten. Sie ver¬
fertigten gestickte Hauben, Barette, sogenannte Kränze oder Kragen,
Halsbinden, Armbänder, Stuhlkissen und Frauenkleider und sandten
sich gerne besonders schöne Muster zu. Da man es damals liebte,
die Hauben von Gold- und Silberstoff nebst deren Schlingen und
Binden so geschmackvoll und reich wie möglich mit den kostbarsten
Perlen zu schmücken, so hatte man stets einen sogenannten Perlenhefter
zur Seite, der als fürstlicher Diener am Hofe angestellt war.
Auch die Gesundheitspflege nahm manche Stunde des Stilllebens
der Fürstinnen in Anspruch. Ein tüchtiger Arzt an einem Fürstenhofe
war damals bei weitem noch nicht allenthalben zu finden. Die
Apothekerkunst war ebenfalls noch in ihren Anfängen. Man vertraute
im ganzen mehr auf die wirkende Kraft gewisser Stoffe aus der Tier-
und Pflanzenwelt oder aus dem Mineralreiche, als auf ärztliche Kunst.
Fürstinnen teilten sich dergleichen Heilmittel gern gegenseitig mit. Zur
Abwehr und Wegleitung böser Krankheitsstoffe trugen sie Bernstein¬
oder Elensklauen-Paternoster am Halse, oder dergleichen Ringe als
Armbänder. Wie die Arzneien selbst, so schickten sich die Fürstinnen
auch gern allerlei Rezepte gegenseitig zu.
Einen andern Teil der Zeit, welche die Fürstinnen nicht auf ihre
bisher erwähnten Beschäftigungen verwandten, nahm ihr Briefwechsel
in Anspruch. Wie die Fürsten, so schrieben auch die Fürstinnen den
größten Teil ihrer Briefe nicht eigenhändig. Die eigentlichen Geschäfts¬
briefe diktierten sie ihren Schreibern und unterschrieben nur Namen und
Titel eigenhändig. Schrieben^sie ihre Briefe selbst, so waren Sprache
und Stil in den meisten ungelenk, häufig voll Verstöße gegen Gram¬
matik und Rechtschreibung. Im Briefstil der Fürstinnen herrschte, wie
in dem der Fürsten, durchaus eine steife Förmlichkeit. Selbst in den
Briefen zwischen nächstbefreundeten Verwandten, sogar zwischen Ehe¬
leuten, zwischen Eltern und Kindern durfte der steife Ton mit seinen
feststehenden Formeln und Höflichkeitssätzen nicht außer acht gelassen
werden. Des traulichen „Du" bedienten sich weder Eheleute noch
Kinder. Schrieb eine Fürstin an ihren Gemahl oder dieser an jene,
so nannten sie sich gegenseitig „Euer Liebden" oder „Euer Gnaden;"
ebenso redeten Töchter ihren Vater mit der Höflichkeitsformel: „Gnädiger