Full text: Kleineres Lesebuch für Fortbildungsschulen in Stadt und Land

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kommenden Trümmer der großen Armee bestätigt. Sofort regte sich der 
lange unterdrückte Sinn des deutschen Volkes. 
Mit Roß und Mann und Wagen 
hat sie der Herr geschlagen, 
rief man im Volke und neue Hoffnungen wurden wach. Vorsichtiger 
mußten der König von Preußen und seine Ratgeber verfahren; sie durften 
nicht allein ihrer Begeisterung folgen; sie hatten besonnen für das Heil 
von Millionen zu sorgen. Noch standen seit dem Durchmarsche von 1812 
in Berlin und Spandau frauzösische Besatzungstruppen; etwas ferner 
drohten die von Hamburg und Magdeburg. Beängstigende Gerüchte ver— 
breiteten sich, als beabsichtigte man von französischer Seite eine plötzliche 
Gefangennahme des Königg um in dessen geliebtem Haupte ein Pfand für 
die Ruhe des Volkes zu besitzen. 
Wie schlugen deshalb auf einmal alle Herzen freier und höher, als 
es kund ward, der König habe am 22. Januar Potsdam verlassen, um 
sich nach denn vom Feinde unbesetzten Breslau zu begeben. In ver⸗ 
schwiegener Eile hatte Friedrich Wilhelm III. die Stadt erreicht, die den 
warieten Bundesgenossen Rußland und Ostreich nahe war und die 
ihn mit offenen Armen empfing. Der König war nun in seinen 
Entschlüssen frei. Und bald folgte der denkwürdige Aufruf vom 3. Fe⸗ 
bruar. Derselbe forderte in kurzen, einfachen Worten auf, in der gegen⸗ 
waͤrtigen gefahrvollen Lage des Staates ein freiwilliges Jägercorps und 
so eine Pflanzschule von künftigen Offizieren zu bilden. In dem Auf⸗ 
rufe war der Feind, gegen den es gehen sollte, nicht genannt; aber das 
preußische Volk verstand seinen König doch. Sofort erhob sich die ge— 
bildete Jugend. Die Universitäten schlossen die Hörsäle; die oberen 
Klafsen der Gymnasien wurden leer; die Turnplätze wurden Waffenplätze 
Zuerst von Berlin kamen auf kecker Turnerfahrt acht Jünglinge zu Fuß 
ach Breslau, mitten durch Eis und Schneegestöber, mitten durch das 
bom Feinde besetzte Land. Dann drängte sich alles herbei. In Berlin 
meldeten sich in drei Tagen 9000 Freiwillige. Der Jugend folgten die 
Männer; selbst die hoͤchsten Stellen des Staates schienen verwaist zu 
werden, und bald mußte eine neue Verfügung dem allzu eifrigen An⸗ 
drange steuern. Es bildeten sich die Freicorps, besonders dazu bestimmt, 
us dem nichtpreußischen und rheinbündischen Deutschland vaterlands— 
liebende, gebildete, kampflustige Jünglinge aufzunehmen. Unter ihnen 
ift das Lüßowsche das berühmteste geworden, welches gleich den Helden 
Braunschweigs von 1809 den Totenkopf und die schwarze Uniform führte 
und durch Theodor Körner vor allen verherrlicht worden ist. Thränen 
lefster Rührung im Auge sah König Friedrich Wilhelm von seinem 
Fenster in Breslau herab die unübersehbare Reihe von Wagen aus 
Berlin anlangen, von denen ihm die Jünglinge, oft noch eher Knaben 
zu heißen, entgegenjubelten. Der gleiche Kampfesgeist zuckte bis in die 
nefsten Volksschichten hinunter. Bürger und Bauern in Preußen hatten 
so Unsägliches an Bedrückung und Mißhandlung erfahren, daß der In⸗ 
grimm mit aller Furchtbarkeit losbrach. Die Rekruten in ihren blauen 
Killeln zogen mit trotzigem, preußischem Soldatengesang an französischen 
Regimentern vorüber, denen es anfing, in dem überall glühenden Lande
	        
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